Anwendungsorientierte Grundlagenforschung

Das Kerngeschäft des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) ist die Förderung der Grundlagenforschung. Der SNF fördert keine angewandte Forschung zur unmittelbaren kommerziellen Verwertung, aber er unterstützt Forschung, die in Beziehung zur Praxis steht und mit wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn verbunden ist. Entsprechend können Forschende ihre beim SNF eingegebenen Projekte seit 2011 als "anwendungsorientiert" deklarieren.

Die Kategorie anwendungsorientierte Grundlagenforschung

  • trägt der Tatsache Rechnung, dass wissenschaftliche Forschung mit den Komponenten Erkenntnisgewinn und Anwendungsorientierung national und international immer mehr an Bedeutung gewinnt;
  • gewährleistet eine angemessene Evaluation von Gesuchen mit Anwendungsorientierung durch die Berücksichtigung der ausserwissenschaftlichen Bedeutsamkeit (broader impact) als Beurteilungskriterium und durch den Einbezug externer Gutachterinnen und Gutachter aus der Praxis.

Ist mein Projekt anwendungsorientiert?

Die Anwendungsorientierung eines Projekts kann sehr unterschiedlich ausfallen und je nach Disziplin unterschiedliche Auswirkungen haben. Aus diesem Grund verzichtet der SNF darauf, eine abschliessende Definition der Kategorie zu formulieren. Stattdessen stellt er den Forschenden eine nützliche Merkmalsliste zur Verfügung.

Merkmale, die darauf hinweisen, dass ein Projekt anwendungsorientiert ist:

  • Absicht: Das Projekt verfolgt wissenschaftliche Ziele und will gleichzeitig ein praktisches Problem lösen.
  • Konzept: Obwohl das Projekt prinzipiell Grundlagenforschung betreibt, kann es zur Lösung von praktischen Problemen oder Fragen beitragen.
  • Herkunft der Forschungsfrage: Die Fragestellung wurde von Forschenden unter Einbezug der User Community / Anwender entwickelt.
  • Praktische Umsetzung in der näheren Zukunft: Das Projekt hat das Potenzial, in der näheren Zukunft praktisch umgesetzt zu werden (z.B. durch einen Technologietransfer, der durch eine Innosuisse-Finanzierung ermöglicht wird).
  • Output-Arten: Das Projekt wird sowohl akademischen wie auch nicht-akademischen Output produzieren.
  • Zielpublikum: Die Resultate verbreiten sich auch in nicht-akademischen Kreisen.
  • Beteiligte Personen: Die Forschungsgruppe besteht aus Forschenden und Akteuren aus der Praxis.

Wenn mehrere dieser Merkmale zutreffen, deutet dies darauf hin, dass ein Projekt anwendungsorientiert ist.

Eine bessere Berücksichtigung anwendungsorientierter Forschungsprojekte

2016 hat der SNF die Kategorie "Anwendungsorientierte Grundlagenforschung" in einer externen Evaluation durch das Beratungsbüro Technopolis analysieren lassen. Dabei wurde deutlich, dass sich anwendungsorientierte Gesuche durch eine grössere Komplexität auszeichnen, die aus der Dualität von wissenschaftlichen und praktischen Aspekten resultiert. Um eine bessere Evaluation der anwendungsorientierten Projekte zu ermöglichen, wurden die folgenden Empfehlungen formuliert:

  • Verwendung der Merkmalsliste, die im Rahmen der Studie entwickelt wurde, um das Verständnis der Kategorie zu verbessern.
  • Vollständige Umsetzung der DORA-Deklaration.
  • Verbesserte Erfassung der ausserwissenschaftlichen Bedeutsamkeit (broader impact) in den Anträgen sowie den Diskussionen im Forschungsrat während der Evaluation.
  • Einbezug von mindestens einem Experten aus der Praxis.
  • Grössere Vielfalt im Forschungsrat und den Evaluationspanels, um der Vielfalt der Gesuche besser zu entsprechen.

Diese Empfehlungen werden vom SNF nun Schritt für Schritt umgesetzt.

Kontinuum der Forschungsförderung

Die Kategorie "anwendungsorientiert" ermöglicht die Förderung von Projekten an der Grenze zwischen reiner Grundlagenforschung (in der Regel durch den SNF finanziert) und direkt angewandte Forschung (häufig durch die Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse finanziert). Eine klare Grenzziehung zwischen der Förderung des SNF, bei dem der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn im Zentrum steht, und Innosuisse, die sich nach dem marktorientierten Nutzen ausrichtet, ist nicht möglich. Beide Organisationen sind sich darüber einig, dass eine überlappende Förderung angestrebt werden muss.

Der SNF und die Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse haben deshalb gemeinsam das Programm BRIDGE entwickelt. Es ergänzt ihre bestehenden Förderungsaktivitäten in den Bereichen Wissenschaft und Innovation in der Schweiz und fördert die Umsetzung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenzials wissenschaftlicher Forschung, indem die Schnittstelle von Wissenschaft und Innovation gestärkt wird.

Im Bereich zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung wird die Finanzierung abhängig vom Anwendungsgrad sichergestellt:

Nationale Forschungsprogramme (NFP): Den Problemen auf den Grund gehen

Die NFP sind problemlösungs- und damit ebenfalls anwendungsorientiert. Sie leisten wissenschaftlich fundierte Beiträge zur Lösung dringender Probleme von nationaler Bedeutung. Der Wissens- und Technologietransfer steht daher im Vordergrund: Die involvierten Forschungsgruppen gehen von einer Fragestellung aus der Praxis aus, und aus den Ergebnissen ihrer Forschung werden gemeinsam mit spezifischen betroffenen Zielgruppen mögliche Umsetzungen im Hinblick auf die Problemlösung erarbeitet. Aus solch transdisziplinären Arbeiten entsteht eine Vielzahl nützlicher Ansätze, um bestehende Probleme aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft wirkungsvoll anzugehen.