"Jetzt muss etwas gehen"

Markus Zürcher. © Valérie Chételat

Sind die Massnahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die der Bundesrat vorschlägt, ausreichend? Markus Zürcher, Generalsekretär der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW), ist nur teilweise zufrieden.

Der Bundesrat will die Bedingungen für die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verbessern. Überzeugt Sie sein Bericht?Er ist die bisher beste und vollständigste Bestandsaufnahme der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses.Der Bericht fordert mehr Chancengleichheit und empfiehlt, Doktoranden besser zu entlohnen und zu betreuen. Vor allem aber regt er an, die akademische Karriere mit früherer Selektion und zusätzlichen Stellenprofilen neben der Professur planbarer und damit attraktiver zu gestalten. Einverstanden?Das ist alles wichtig und richtig. Allerdings gewichtet der Bundesrat die vorgeschlagenen Massnahmen nur zurückhaltend und lässt die Umsetzung weitgehend offen. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass diese letztlich im Handlungsspielraum der Hochschulen liegt. Mir fehlt angesichts der Problematik die Botschaft: So, jetzt muss etwas gehen!In den Geisteswissenschaften ist alles ja noch ein bisschen schlimmer.Sagen wir es so: Es gibt fachspezifische Aspekte, welche die Problemlage des Nachwuchses in den Geistes- und Sozialwissenschaften beeinflussen. Der Bericht differenziert hier nicht.Das tut dafür der kürzlich veröffentlichte Grundlagenbericht der SAGW zur Förderung der Geisteswissenschaften. Er reiht sich in eine Vielzahl von Berichten und Vorschlägen zur Nachwuchsfrage in der Schweiz ein. Scharen sich da nicht etwas viele Ärzte um das Bett des Patienten?Gerade darum ist das vor kurzem veröffentlichte Plädoyer für eine nationale Bildungsstrategie der Akademien der Wissenschaften ein notwendiges Signal. Wirklich lösen können wir die Probleme in unserem Bildungssystem nämlich nur, wenn wir über alle Bildungsstufen hinweg eine gesamtschweizerische Agenda ausarbeiten. Es muss uns gelingen, die Potenziale aller besser auszuschöpfen, und zwar nicht nur auf Hochschulstufe. Das Nachwuchsproblem fängt schon bei der Frühförderung an.(Aus "Horizonte" Nr. 102, September 2014)