Schweizer Archäologe entdeckt das älteste Grab eines Skythenfürsten

Dieses Bild zeigt die Luftaufnahme des Grabhügels Tunung 1 (Arschan 0). Es ist ein deutlicher Kreis in einer Ebene sichtbar.

Tief in einem Sumpf in der russischen Republik Tuwa hat der vom SNF geförderte Archäologe Gino Caspari einen ungestörten skythischen Grabhügel entdeckt. Alles deutet darauf hin, dass es nicht nur das grösste, sondern auch das früheste skythische Fürstengrab Südsibiriens ist – und möglicherweise hervorragend konservierte Schätze birgt.

​Den bislang wichtigsten Fund seiner Karriere machte Gino Caspari nicht mit der Schaufel, sondern am Rechner. Auf dem Computerbildschirm entdeckte der vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderte Archäologe auf hochaufgelösten Satellitenbildern vom Tal des Flusses Uyuk (Sibirien) eine kreisrunde Struktur. Eine erste Probegrabung des Wissenschaftlers der Universität Bern zusammen mit der Russischen Akademie der Wissenschaften und dem Eremitage Museum in diesem Sommer bestätigte seine Vermutung: Es handelt sich um einen so genannten Kurgan, ein skythisches Fürstengrab.

Blick auf die Anfänge

Mit seinem schweizerisch-russischen Team konnte er nachweisen, dass der Tunnug 1 oder auch Arschan 0 genannte Hügel in seinem Aufbau dem nur zehn Kilometer weiter nordöstlich gelegenen Kurgan Arschan 1 gleicht, der in den 1970er Jahren ausgegraben wurde. Arschan 1 gilt bislang als das früheste skythische Fürstengrab der Region, die wegen der Häufung von Kurganen auch das "sibirische Tal der Könige" genannt wird. Die frühesten Fürstengräber bestehen aus einer Steinpackung, in der kreisförmig Kammern angeordnet sind. Die Wände der Kammern sind aus Lärchenstämmen gezimmert. Zu den typisch skythischen Grabbeigaben zählen Waffen, Pferdegeschirr und Schmuck im so genannten Tierstil.

Holzbalken, die Caspari bei den Probegrabungen fand, datieren in das 9. Jahrhundert vor Christus. Damit sind sie älter als die Arschan 1, der um die Wende vom 9. zum 8. Jahrhundert entstand. "Wir haben hier eine riesige Chance", sagt Caspari erfreut über die Ergebnisse der Probegrabung. Diese sind in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Archaeological Research in Asia veröffentlicht (*).

"Seit den 1970er Jahren haben sich die archäologischen Methoden enorm verfeinert. Wir haben heute ganz andere Möglichkeiten, das Material zu untersuchen und damit mehr über den Übergang von der späten Bronzezeit zur Eisenzeit zu lernen", sagt der vom SNF geförderte Forscher. Der Blick auf die prähistorische Zeit werde durch Genetik, Isotopenanalyse, den geophysikalischen Methoden, aber auch im Bereich der geographischen Informationssysteme und der Fernerkundung radikal verändert.

Ein Schutzpanzer aus Eis

Der Grabhügel Arschan 0 liegt unzugänglich im Sumpf, was den Zugang auch für Grabräuber erschwert. "Der Kurgan liegt fünf beschwerliche Stunden mit dem Geländefahrzeug von der nächsten Siedlung entfernt", sagt Caspari. Möglicherweise ist er ungestört und birgt ähnliche Schätze wie Arschan 2. Ein deutsches Archäologenteam entdeckte in Arschan 2 zwischen 2001 und 2004 eine ungestörte Grabkammer mit der reichsten Bestattung, die je in der eurasischen Steppe gefunden wurde. Den zwei Toten in der Hauptkammer hatte man über tausend Goldobjekte mit ins Grab gegeben, dazu prunkvoll verzierte Waffen, Gefässe und Pferde mitsamt kostbarer Geschirre. Allein der Halsreif des Skythenfürsten aus Arschan 2 wiegt zwei Kilogramm und ist aus massivem Gold. Doch die Bestattung datiert in das 7. Jahrhundert vor Christus und damit bereits weit in die Eisenzeit.

Auch die klimatischen Besonderheiten des sibirischen Bodens lassen Caspari hoffen. Der Permafrost beginnt im Uyuk-Tal meist erst einige Meter unter der Oberfläche. Alles, was darüber liegt, taut im Sommer auf, organisches Material verrottet. Unter der dichten Steinpackung der Kurgane aber können die Sonnenstrahlen den Boden nicht auftauen. "Selten entsteht direkt unter den Kurganen eine Eislinse", erklärt Caspari. Das Eis verhindert den Zerfall der organischen Stoffe und konserviert empfindliches Material. Der Ausgräber rechnet im Rahmen des Grabungsprojektes auf weitere Funde: "Wenn wir Glück haben, finden wir unter den Steinen vielleicht sogar gut erhaltene Holzschnitzereien, Teppiche oder eine Eismumie."

(*) G. Caspari et. Al: Tunnug 1 (Arzhan 0) – an early Scythian kurgan in Tuva Republic, Russia. Archaeological Research in Asia (2017).

DOI: 10.1016/j.ara.2017.11.001.
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Kontakt

Dr. Gino Caspari
Universität Bern
Institut für Archäologische Wissenschaften
Länggassstrasse 10
CH-3012 Bern
E-Mail
gino.caspari@gmail.comExternal Link IconSkype: gino.caspari (derzeit in Sydney)

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