Gleichstellung auf gutem Weg – weitere Anpassungen nötig

Hat der SNF Forscherinnen bei der Vergabe von Fördermitteln benachteiligt? Eindeutige Diskriminierung stellt der Gender-Bericht 2019 nicht fest. Er weist aber auf mögliche Verzerrungen hin.

Der SNF unternimmt seit längerem grosse Anstrengungen, damit Frauen in seiner Forschungsförderung gleiche Chancen haben wie Männer. Statistische Analysen des Auswahlverfahrens geben Aufschluss, ob Forscherinnen benachteiligt werden. Der Gender-Bericht 2019 befasst sich mit dem Instrument "Projektförderung", in das der SNF rund die Hälfte seines Budgets investiert. Etablierte Forschende können sich jeweils im April und im Oktober um finanzielle Unterstützung für ihr Projekt bewerben. Der Bericht analysiert mehr als 20’000 Finanzierungsentscheide aus den Jahren 2008 bis 2018.

Weniger Gesuche

Generell haben in diesem Zeitraum weniger Frauen als Männer ein Gesuch um Finanzierung ihres Projekts eingereicht. Die Anteile unterscheiden sich je nach Wissenschaftsgebiet. In den Geistes- und Sozialwissenschaften waren im Oktober 2018 41% der Gesuchstellenden Frauen, in Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften lediglich 14%.

Die Resultate überraschen nicht. Sie sind vergleichbar mit den Prozentsätzen der Forscherinnen in der Schweiz, die für diese Förderbeiträge in Frage kommen.

Zeitweise tiefere Erfolgschancen

Wie wahrscheinlich ist es, dass die eingereichten Gesuche Unterstützung durch den SNF erhalten? Lassen sich zwischen den Erfolgschancen von Frauen und Männern Unterschiede feststellen, welche über die zu erwartende statistische Fluktuation hinausgehen? Dies ist für manche Jahre tatsächlich der Fall. Allerdings werden die Unterschiede deutlich geringer, wenn auch Faktoren wie das Wissenschaftsgebiet, das Alter und die Institution der Gesuchstellenden berücksichtigt werden sowie die Beurteilung in den externen Gutachten. Die Unterschiede verschwinden aber nicht vollständig. Sie betreffen vor allem Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften im Jahr 2015 und die Lebenswissenschaften von Oktober 2010 bis April 2013.

Auffallend sind die Gutachten, die von externen Expertinnen und Experten verfasst werden. Diese benoten Gesuche von Frauen nämlich im Durchschnitt schlechter. Mit weiteren Analysen will der SNF herausfinden, ob die externen Gutachten Verzerrungen zum Nachteil von Forscherinnen aufweisen. Und er wird prüfen, wie sich solche Verzerrungen verringern liessen.

Beiträge jetzt auf gleicher Höhe

Und was ist mit den Frauen, die im Auswahlverfahren erfolgreich sind? Spricht ihnen der SNF gleich hohe finanzielle Beiträge zu wie den Männern? Zeitweise haben Forscherinnen in Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften und den Lebenswissenschaften weniger Geld für ihr Projekt erhalten als Männer, die dieselbe Summe beantragt hatten. Die Gründe dafür sind nicht erkennbar, der SNF wird ihnen aber nachgehen. Bei den letzten drei analysierten Auswahlverfahren in den Jahren 2017 und 2018 traten keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern mehr auf.

Expertinnen und Experten sensibilisieren

"Erfreulich ist, dass wir keine eindeutige Diskriminierung im Auswahlverfahren des Instruments 'Projektförderung' entdeckt haben. Und dass gewisse Unterschiede in den letzten Jahren verschwunden sind", sagt Simona Isler, die Gleichstellungsbeauftragte des SNF. "Der Bericht zeigt uns aber auch, wo wir noch genauer hinschauen und weitere Korrekturen vornehmen müssen. Zum Beispiel könnten wir die externen Expertinnen und Experten noch stärker für das Thema sensibilisieren, damit allfällige Verzerrungen in den Gutachten kleiner werden."

Talentpool nutzen

Der SNF wird in künftigen Gender-Berichten seine Auswahlverfahren weiter analysieren. Solche Analysen sind für die erfolgreiche Entwicklung der Forschungsförderung wichtig. Zudem unterstützt der SNF die Gleichstellung mit spezifischen Massnahmen. Dazu gehören die PRIMA-Beiträge für herausragende Forscherinnen, die sich auf dem Weg zur Professur befinden, und Flexibilitäts-Beiträge für Forschende mit Betreuungspflichten.

"Frauen sollen genau die gleichen Chancen auf finanzielle Unterstützung haben wie Männer", betont Angelika Kalt, Direktorin des SNF. "Dank dem Gender-Monitoring und den spezifischen Fördermassnahmen nähern wir uns Schritt um Schritt diesem Ziel." Für sie ist klar: "Frauen und Männer müssen gleichberechtigt in der Forschung tätig sein können. Nur so nutzt die Schweiz ihren Talentpool optimal."

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