Forschungsstandort Schweiz braucht die Gleichstellung

Was Frauen mit dem Streik am 14. Juni 2019 fordern, betrifft auch die Wissenschaft. Der SNF unterstützt Forscherinnen auf vielfältige Weise. Das genügt aber nicht.

Karriere zu machen ist für Forscherinnen schwieriger als für ihre männlichen Kollegen. Nur rund 20 Prozent der Professuren sind mit Frauen besetzt – obwohl 50 Prozent der Doktorierenden Frauen sind. Dies ist ein Problem. "Erstens geht es um Gerechtigkeit: Beide Geschlechter sollen die gleichen Chancen haben, in der Wissenschaft zu arbeiten", sagt Angelika Kalt, die Direktorin des SNF. "Zweitens ist die Schweizer Forschung auf die Fähigkeiten von Frauen angewiesen, wenn sie ihr Innovationspotenzial ausschöpfen will."

Die Hauptverantwortung für die Gleichstellung in Forschung und Lehre tragen die Hochschulen. Aber auch der SNF unternimmt grosse Anstrengungen, dieses Ziel zu erreichen. Es ist Teil seines gesetzlichen Auftrags.

Spezifische Massnahmen für Frauen

Mit dem Instrument PRIMA fördert der SNF herausragende Forscherinnen auf dem Weg zur Professur. 2018 haben 22 Frauen für ihre mehrjährigen Projekte finanzielle Mittel erhalten, gesamthaft 28 Millionen Franken. Seit April 2019 profitieren PRIMA-Empfängerinnen von einem Leadership-Programm: Sie können Workshops und Vernetzungsanlässe besuchen und Coaching in Anspruch nehmen.

Nachwuchswissenschaftlerinnen, die in einem vom SNF finanzierten Projekt mitarbeiten, bekommen pro Jahr einen Gleichstellungsbeitrag von 1000 Franken.

"Solche Massnahmen des SNF, die ausschliesslich Frauen zugutekommen, sind nicht nur rechtens, sondern sogar erforderlich, solange die Gleichstellung nicht verwirklicht ist", betont Angelika Kalt. "Dies hat ein Gutachten im Jahr 2018 bestätigt."

Vereinbarkeit von Familie und Forschung

Daneben macht es der SNF sowohl Frauen wie Männern einfacher, Familie und Forschung zu vereinbaren. So leistet er finanzielle Beiträge an Eltern, die ein Doktorat oder Postdoktorat absolvieren. Sie erhalten bis zu 30'000 Franken pro Jahr für externe Kinderbetreuung oder für Personen, die im Projekt mitarbeiten und ihnen dadurch Entlastung verschaffen. Dies gibt Forschenden mit Kindern eine faire Chance, sich im wissenschaftlichen Wettbewerb zu behaupten.

Weitere Schritte geplant

Die Zahl der Frauen in der Wissenschaft steigt dennoch nur langsam, vor allem in Führungspositionen. Deshalb möchte der SNF weitergehen. Für seinen Nationalen Forschungsrat wird er eine Geschlechterquote einführen. Ausserdem wird er die formalen Zulassungsbedingungen seiner Förderungsinstrumente überprüfen. Und ab 2021 will er an Doktorandinnen in den MINT-Disziplinen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) und in den Lebenswissenschaften finanzielle Beiträge vergeben – sofern der Bund das beantragte Budget für das SNF-Mehrjahresprogramm 2021-2024 bewilligt.

Politik muss handeln

Diese Massnahmen genügen aber nicht. Der SNF unterstützt deswegen die Forderungen des Frauenstreiks. Er ruft die Politik dazu auf, sowohl die Gleichstellung von Frau und Mann zu verwirklichen als auch die Arbeitsbedingungen für berufstätige Mütter und Väter zu verbessern. Dazu gehören gleicher Lohn für gleiche Arbeit, genügend Angebote für die Kinderbetreuung und eine bedürfnisgerechte Elternzeit.

"Die mangelnde Gleichstellung beeinträchtigt mittelfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsstandorts Schweiz und damit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt", meint Angelika Kalt. Sie wird am 14. Juni 2019 gemeinsam mit Kolleginnen von der SNF-Geschäftsstelle und vom SNF-Forschungsrat auf dem Bundesplatz in Bern für die Anliegen der Wissenschaftlerinnen einstehen.