Neue Fixpunkte in Osteuropa bereichern die wissenschaftliche Landkarte

Zuzana Musilová, Evolutionsbiologin an der Karlsuniversität in Prag, hat vom SNF einen PROMYS-Förderbeitrag erhalten.

Der SNF fördert mit dem Pilotprogramm PROMYS sieben vielversprechende Forschende in Osteuropa. Der Schweiz entstehen damit attraktive Partner im europäischen Netzwerk.

Die internationale Mobilität von Forschenden ist ein zentraler Treiber wissenschaftlichen Fortschritts. Gerade kleine Länder können nur dank dem grenzüberschreitenden Austausch in vielen Fachgebieten gleichzeitig vorne mitspielen. Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verbringen denn auch im weltweiten Vergleich am häufigsten einen Teil ihrer Karriere im Ausland. Und umgekehrt ist die Schweiz selber eine attraktive Destination für akademische Aufenthalte.

"Von diesem Talentkreislauf oder Brain Circulation profitieren sowohl die Aufnahme- wie auch die Entsendeländer, womit gleichzeitig ein wichtiger Beitrag zum Wissenstransfer über die Staatsgrenzen hinweg geleistet wird", sagt Marc Zbinden, Leiter der SNF-Abteilung Interdisziplinäre und Internationale Zusammenarbeit. Deshalb und als Beitrag zur Integration der neuen Mitgliedsstaaten in den europäischen Forschungsraum hat der SNF 2016 das Pilotprogramm "Förderung von jungen Forschenden in Osteuropa" (PROMYS) lanciert. Damit unterstützt er bis 2021 sieben Nachwuchstalente aus Osteuropa, die in ihren Heimatländern ambitionierte Projekte realisieren und eigene Forschungsgruppen aufbauen. Dies, nachdem sie zuvor mindestens zwei Jahre in der Schweiz gearbeitet haben. "Es ist uns wichtig, dass die Forschenden die in der Schweiz etablierten Beziehungen und Netzwerke behalten und auch in Zukunft ausbauen können", so Marc Zbinden.

Mit dem eigenen Team durchstarten

Die bisherigen Erfahrungen sind äusserst positiv, wie der Blick auf die einzelnen Geförderten zeigt. Zum Beispiel Zuzana Musilová (Bild). Die Evolutionsbiologin doktorierte an der Karlsuniversität in Prag. Anschliessend untersuchte sie während vier Jahren an der Universität Basel, wie sich das Genom von Fischen im Verlauf der Evolution verändert. Im Rahmen des PROMYS-Pilotprogramms setzte sie ihre Arbeiten danach mit einem eigenen Team wiederum in Prag fort.

Mittlerweile publiziert Zuzana Musilová regelmässig in führenden wissenschaftlichen Zeitschriften wie "Science" oder "BMC Biology". Auffällig dabei: Die meisten ihrer Studien führt sie in internationaler Zusammenarbeit durch, vor allem mit Basler Forschenden. "Meine Kontakte zu Forschenden aus der ganzen Welt sind das Wertvollste, was ich mitgenommen habe", sagt sie. "Und jetzt, wo ich eine eigene Forschungsgruppe leite, bringen wir unsere Expertise natürlich in gemeinsame Projekte ein."

Internationale Vernetzung entscheidend

Lernen von den Besten, Ideen entwickeln mit Gleichgesinnten: Das waren auch für den Immunologen Ondrej Štěpánek die wichtigsten Erfahrungen in der Schweiz. Seine Geschichte ähnelt jener von Zuzana Musilová: Doktorat in Prag, Aufenthalt an der Universität Basel, Gründung eines eigenen Labors am Institut für Molekulargenetik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag dank PROMYS. Seither hat sich Ondrej Štěpánek einen Namen gemacht. Sogar einen der begehrtesten europäischen Förderbeiträge hat er erhalten.

"Die Ausrüstung der Labors ist in Tschechien hervorragend", sagt er. "Doch es fehlt oft noch die Einbindung in die internationalen Netzwerke." Diese treibt er nun mit seinem Labor voran. Forschende aus aller Welt – nicht zuletzt aus der Schweiz – sind an seinen Arbeiten zur Katalogisierung sämtlicher T-Zellen des menschlichen Körpers beteiligt.

Schweiz als Partner- und Forschungsobjekt

Um verstärkte Vernetzung der Forschenden bemüht sich auch Kroatien. Dazu trägt an der Universität Zagreb die Politikwissenschaftlerin Danijela Dolenec bei. Ihre dank PROMYS geschaffene Forschungsgruppe mit Schwerpunkt Demokratiestudien arbeitet eng mit der ETH Zürich und dem Zentrum für Demokratie Aarau zusammen – Danijela Dolenec hat an der ETH doktoriert.

Ihr Hauptfokus liegt auf demokratischen Protestbewegungen in europäischen Städten. "In diesem Zusammenhang sind besonders die Instrumente der direkten Demokratie bedeutend", sagt sie. Und fügt lachend an: "Uns interessiert die Schweiz also auch als Forschungsobjekt."

Wissenschaft braucht offene Grenzen

Nur wenige hundert Meter von Dolenecs Institut in Zagreb entfernt weilte anfangs Februar 2020 Martina Hirayama, Staatssekretärin für Bildung, Forschung und Innovation. An einem informellen Treffen diskutierte sie mit den Wissenschaftsministerinnen und -ministern der EU-Länder das Thema "Brain Circulation". PROMYS stiess dabei auf grosses Interesse. Noch steht nicht fest, ob und in welcher Form der SNF das Pilotprogramm weiterführt. Eine Fortsetzung hängt stark davon ab, ob die für die Forschung wichtige Offenheit der Grenzen und damit die Mobilität für Wissenschaftler auch in Zukunft erhalten bleibt.

Pilotprogramm PROMYS des SNFExternal Link Icon