Palmölplantage auf dem Spielbrett

Forscher der ETH Zürich wollen mit Gesellschaftsspielen den Anbau von Ölpalmen nachhaltiger gestalten. Ziel ist, eine Balance zwischen Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit zu finden. Von Atlant Bieri

​(Aus "Horizonte" Nr. 106, September 2015)
Bild: ©  Jaboury Ghazoul
Die Ausweitung von Ölpalmplantagen zählt in Südamerika, Afrika und Asien zu den Hauptgründen des Verlustes von Regenwald. Doch eine Welt ohne Palmöl ist kaum denkbar. Es ist das wichtigste Fett der Nahrungsmittelindustrie und wird in vielen Cremes und Schönheitsprodukten verwendet. Nun will ein internationales Team von Forschenden unter der Leitung der ETH Zürich wenigstens die Produktion von Palmöl umweltschonender machen.

Um dies zu erreichen, greifen sie zu einem ungewöhnlichen Mittel. Mit einem Brettspiel versuchen sie den Bauern, Landbesitzern, Firmen und Politikern in den betroffenen Regionen zu zeigen, welche Konsequenzen es haben kann, wenn sie den natürlichen Ressourcen nicht Sorge tragen. Das Projekt mit dem Namen "Oil Palm Adaptive Landscapes" (OPAL, siehe "Die Wissenschaft der Entwicklungszusammenarbeit") hat im Mai 2015 begonnen und dauert voraussichtlich sechs Jahre. Der Fokus liegt auf den drei Ländern Indonesien, Kamerun und Kolumbien. "Indonesien ist der grösste Palmölproduzent der Welt, und in den andern beiden Ländern wachsen die Plantagen zurzeit sehr stark", sagt Projektleiter Jaboury Ghazoul, Ökologe an der ETH Zürich.

Die Forschenden wollen in einer ersten Phase Umweltparameter des Regenwalds messen: Verlust der Biodiversität, Verfügbarkeit von Grundwasser und Speicherkapazität von Kohlenstoff. Aufgrund dieser Daten werden die Forschenden in einer zweiten Phase ein einfaches Brettspiel als Abbild der Wirklichkeit entwerfen.

Interessengruppen um einem Tisch

Auf dem Brett steht Urwald neben Ölpalmplantage. Beide sind von Wasserläufen und Bewässerungskanälen durchzogen und in Parzellen eingeteilt. Die verschiedenen Interessengruppen werden zu mehreren Spielrunden eingeladen. Jeder Teilnehmende bekommt eine Spielfigur samt Geld und Land und kann damit die natürlichen Ressourcen Regenwald, Wasser und Biodiversität bewirtschaften.

"In einem solchen Spiel können wir Prozesse, die Jahre dauern, innert Minuten ablaufen lassen", sagt Ghazoul. Die Forschenden zeichnen alle Spielzüge und ihre Wirkungen auf. Diese Information zusammen mit dem persönlichen Feedback der Teilnehmenden lassen die Forschenden anschliessend zurück an die Interessengruppen fliessen. "Der Wissenstransfer in diesen Ländern ist nicht einfach. Ein Brettspiel ist dafür die ideale Form von Kommunikation", sagt Ghazoul.

Ziel der Forschenden ist auch, die Mechanismen in den drei Ländern Indonesien, Kamerun und Kolumbien miteinander zu vergleichen, um allgemeingültige Massnahmen für das Management des Ölpalmen-Anbaus empfehlen zu können. Der Direktor des Palm Oil Research Center an der Technischen Universität Malaysia, Sune Balle Hansen, findet das Brettspiel eine gute Idee: "Wenn das Spiel auch Leute aus der Wertschöpfungskette mit einschliesst, könnte das tatsächlich zu einer Zusammenarbeit führen, welche die Nachhaltigkeit der Palmölproduktion verbessert."

In der Vergangenheit haben sich solche Spiele bereits mehrfach bewährt. In den 1990er Jahren in Senegal zum Beispiel haben Bauern und Bewässerungsplaner dank eines vom französischen Forschungszentrum CIRAD entwickelten Brettspiels den Verlauf eines Bewässerungskanals festgelegt.

Die Wissenschaft der Entwicklungszusammenarbeit

Das Ölpalmplantagen-Projekt OPAL ist eines der ersten des Swiss Programme for Research on Global Issues for Development (r4d-Programm). Damit unterstützen die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und der Schweizerische Nationalfonds gemeinsam Forschung zu Nahrungsmittelsicherheit, öffentlicher Gesundheit, Ökosystemen, Arbeit und sozialen Konflikten. Zwischen 2012 und 2022 fliessen so fast 100 Millionen Franken in transnationale Forschungsprojekte mit Entwicklungsländern.