Grösstes Förderinstrument: 286,5 Millionen Franken für 338 Projekte

Keyvisual Projektförderung
© Constantine Johnny

Von toxischen Reifenabriebpartikeln über umstrittene Gesundheitsprävention bis zu Schulterschmerzen bei Menschen mit Beeinträchtigungen: Im Rahmen der Projektförderung unterstützt der SNF 338 Projekte mit 286,5 Millionen Franken.

Obwohl die Schweiz europaweit die höchsten Gesundheitsausgaben pro Kopf aufweist, ist die Gesundheitsprävention politisch umstritten und unterfinanziert. Wie kam es dazu? Dieser Frage geht Pascal Germann von der Universität Bern in seinem historischen Forschungsprojekt nach. Er beleuchtet die gesellschaftlichen Präventionsdebatten und die damit verbundenen gesellschaftlichen Konflikte um Tabakkonsum, Übergewicht und Luftverschmutzung seit den 1950er Jahren. Er will damit aufzeigen, dass in den Debatten nicht nur gesundheitliche Aspekte und wirtschaftliche Interessen gegeneinander abgewogen werden, sondern vielmehr konkurrierende Gesellschaftsvisionen aufeinandertreffen.

Ein Viertel kollaborative Projekte

Dieses Projekt kommt dank der Förderung durch den SNF zustande. Er unterstützt es im Rahmen der Projektförderung, seinem grössten Förderinstrument. Dafür wird zwei Mal jährlich eine Ausschreibung lanciert. Bei der jüngsten kamen 1020 Projekte in die engere Auswahl, von denen nun 338 mit insgesamt 286,5 Millionen Franken unterstützt werden.

Ein Drittel der Projekte entfällt auf den Bereich der Lebenswissenschaften, 27 Prozent auf jenen der Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften (MINT). Es folgen die Projekte in den Geistes- und Sozialwissenschaften mit 25 Prozent und interdisziplinäre Vorhaben mit 15 Prozent. Drei Viertel der Projekte werden von Einzelpersonen durchgeführt, an den übrigen sind mehrere Forschende beteiligt.

Stabiler Frauenanteil

Mehr als die Hälfte der geförderten Forschenden arbeiten an Universitäten (56,7 Prozent), gut ein Viertel (26,9 Prozent) im ETH-Bereich. Der Anteil der Forschenden an Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und anderen Institutionen liegt bei 12,8 Prozent. Im Vergleich zur letzten Ausschreibung bleibt der Frauenanteil stabil: Knapp ein Drittel (30,6 Prozent) der erfolgreichen Gesuche wurden von Frauen eingereicht.

Die nächste Ausschreibung zur Projektförderung wird am 1. Juli 2025 eröffnet.

Weitere Beispiele geförderter Projekte

Geistes- und Sozialwissenschaften

  • Der Lernerfolg von Kindern hängt nicht nur von ihrer Intelligenz ab, sondern auch von ihren metakognitiven Fähigkeiten. Dieser Aspekt steht im Zentrum des Forschungsprojekts von Mariëtte van Loon von der Universität Zürich. Als Metakognition wird die Fähigkeit bezeichnet, das eigene Lernen zu reflektieren und es auf dieser Grundlage mit wirksamen Entscheidungen zu steuern. Vor allem am Übergang von der Primar- zur Sekundarstufe wird von den Kindern erwartet, dass sie diese Fähigkeiten trainieren und mehr Verantwortung für ihren Lernprozess übernehmen. Sie sollen beispielsweise Fehler selbst erkennen und korrigieren. Das Projekt wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Kinder mit Schwierigkeiten in der metakognitiven Entwicklung zu erkennen und besser zu unterstützen.

Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften

  • Die Bildgebung mittels Nahinfrarotstrahlung (NIR) ist eine unbedenklichere Alternative zur Positronen-Emissions-Tomographie (PET) oder zum Röntgen. Das Team von Pablo Rivera Fuentes von der Universität Zürich will damit die Funktion des Gehirns untersuchen. Zur Beobachtung in Echtzeit entwickeln die Forschenden mittels maschinellen Lernens und einer auf dem Evolutionsprinzip basierenden Molekül-Engineering-Technologie neue Farbstoffmoleküle.
  • In den vergangenen 2,6 Millionen Jahren wechselten sich auf der Erde Eiszeiten und wärmere Perioden in einem zyklischen Rhythmus ab. Vor etwa einer Million Jahren änderte sich dabei die Länge der Eis- und Warmzeiten plötzlich. Da solche Veränderungen auch bei der künftigen Entwicklung des Erdklimas eine Rolle spielen könnten, ist es wichtig, mehr über diesen Zyklus in Erfahrung zu bringen. Hubertus Fischer von der Universität Bern wird den Staub in einem antarktischen Eiskern analysieren, um die Klimabedingungen der letzten 1,5 Millionen Jahre zu rekonstruieren. So kann er dazu beitragen, die Veränderungen in der Länge der Eis- und Warmzeiten zu erklären.

Lebenswissenschaften

  • Schulterschmerzen sind bei Menschen, die einen manuellen Rollstuhl benutzen, ein häufiges Problem. Ihr Alltag wird dadurch stark beeinträchtigt, da sie bei allen Aktivitäten auf ihre Arme angewiesen sind. Chronische Schulterschmerzen haben oft zur Folge, dass die Betroffenen nicht mehr aktiv sind, verschiedene Medikamente einnehmen, ihre Selbständigkeit verlieren und an Lebensqualität einbüssen. Ursina Arnet von der Schweizer Paraplegiker-Forschung befasst sich in ihrem Projekt mit der Evaluation der Schultergesundheit und mit Möglichkeiten zur Schmerzprävention. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen Gesundheitsfachleute dabei unterstützen, die Patientenversorgung entsprechend anzupassen und zu individualisieren. Wenn Betroffene weniger Schulterschmerzen haben, verbessert das ihr Wohlbefinden und trägt zur Senkung der Gesundheitskosten bei.
  • Atemwegsinfektionen durch Erreger wie Influenzaviren oder SARS-CoV-2 gehören weltweit zu den häufigsten Todes- und Krankheitsursachen. Am Institute for Research in Biomedicine untersucht Samuel Nobs, wie unterschiedliche Ernährungsweisen, unter anderem eine kalorien- oder ballaststoffreiche Ernährung, den Verlauf von Infektionen beeinflussen. Mit seiner Studie analysiert er, wie ernährungsbedingte Veränderungen im Darmmikrobiom und bei systemischen Molekülen die antivirale Immunität beeinflussen und ob diese Veränderungen eine Schlüsselrolle bei der Schwere der Infektion spielen. Ein besseres Verständnis dieser Mechanismen könnte den Weg für eine neuartige, auf Metaboliten basierende personalisierte Medizin ebnen.

Interdisziplinäre Projekte

  • Sobald ein Fahrzeug in Bewegung ist, geben die Reifen aufgrund der Reibung mit der Strasse winzige Gummipartikel in die Umwelt ab – sogenannte Reifenabriebpartikel (engl. tyre wear particle, TWP). Diese Partikel können in die Luft gelangen und aufgrund ihrer geringen Grösse in die menschlichen Atemwege und von dort auch weiter in den Körper eindringen. Das kann gesundheitsschädliche Wirkungen haben. Noch wenig erforscht sind die Eigenschaften der Partikel, die zur Toxizität beitragen (Partikelgrösse, Oberflächenstruktur, chemische Zusammensetzung usw.). Um diese Wissenslücke zu schliessen, sammeln Danilo Engelmann von der Berner Fachhochschule und Loretta Müller von der Kinderklinik des Universitätsspitals Bern TWP unter realen Fahrbedingungen. Sie wollen damit deren physikalische und chemische Eigenschaften sowie die Auswirkungen auf komplexe Atemwegzellmodelle analysieren. Ziel des Projekts ist es, die Toxizitätsfaktoren zu identifizieren und Strategien zur Reduktion der TWP-Emissionen zu empfehlen.
  • Die Beurteilung der Lungenfunktion und -struktur bei Säuglingen und Kleinkindern ist nach wie vor schwierig. Denn bei etablierten Untersuchungsmethoden wie Röntgenbildern des Brustkorbs und CT-Aufnahmen werden entweder subtile Lungenfunktionsstörungen nicht erkannt oder die kleinen Patientinnen und Patienten sind einer schädlichen Strahlung ausgesetzt. Eine sichere Alternative ist die Magnetresonanztomographie (magnetic resonance imaging, MRI), doch diese stösst aufgrund der besonderen Physiologie von Kleinkindern an Grenzen. Deshalb entwickeln Grzegorz Baumann vom Universitätsspital Basel und Philipp Latzin von der Universität Bern eine neue protonenbasierte MRI-Methode, die eine präzise Abbildung der Lungenfunktion und -struktur ohne die Injektion eines Kontrastmittels ermöglicht. Ziel dieses Ansatzes ist eine unbedenklichere, nicht-invasive und zuverlässigere Methode zur Beurteilung der Lungengesundheit bei Kleinkindern.