9,6 Millionen Franken für eine gerechtere Gesundheitsversorgung
Der SNF fördert 19 Projekte im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Gendermedizin und -gesundheit» (NFP 83). Sie befassen sich zum Beispiel mit Verbesserungen in der Palliativpflege und bei der Versorgung von Schwangeren.
Trotz des technologischen Fortschritts sind nicht alle Medizinprodukte für alle Menschen gleich hilfreich. Besonders Frauen und geschlechtliche Minderheiten sind davon betroffen. Bernice Elger von der Universität Basel beschäftigt sich zusammen mit Forschenden der Universität York (GB) und der Ludwig-Maximilians-Universität München (D) mit genderspezifischen Unterschieden in Bezug auf die Wirksamkeit von aktiven implantierbaren Medizinprodukten. Dazu gehören Herzschrittmacher, Defibrillatoren oder Neuroimplantate. Ziel ist es, diese Ungleichheiten zu verringern. Die Ergebnisse des Projekts sollen die Entwicklung von effektiven, gerechten und personalisierten Medizinprodukten unterstützen und helfen, neue ethische Standards in der Medizintechnik zu schaffen.
Das ist eines von 19 Projekten, die in den nächsten fünf Jahren im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Gendermedizin und -gesundheit» (NFP 83) gefördert werden.
Grosses Interesse an Ausschreibung
Geschlecht (biologische Zuschreibung) und Gender (soziokulturelle Faktoren) beeinflussen die Gesundheit. Das Verständnis und der Einbezug dieser beiden Dimensionen in die Gesundheitsforschung und -praxis sind wichtig für bessere klinische Ergebnisse, für eine bessere Gesundheit der Bevölkerung und einen gerechten Zugang zur Gesundheitsversorgung. Das NFP 83 will dazu in den Bereichen Gesundheitsforschung, Medizin und öffentliches Gesundheitswesen eine entsprechende Wissensgrundlage schaffen. Wichtig ist auch eine langfristige Zusammenarbeit der relevanten Akteurinnen und Akteure («community of practice»).
Auf die Ausschreibung reichten im vergangenen Frühling 140 Forschungsteams ihre Projektskizzen ein. Diese aussergewöhnlich hohe Zahl unterstreicht die Relevanz des Themas. Für die schliesslich ausgewählten 19 Projekte stehen insgesamt rund 9,6 Millionen Franken zur Verfügung. Unterstützt werden interdisziplinäre Teams von Forschenden aus den Geistes-, Sozial-, Lebens- und klinischen Wissenschaften. Zu den Forschungsbereichen gehören etwa die medizinische Ausbildung, die psychische Gesundheit, die Ethik, die Prävention und die Epidemiologie.
Lösung von Gegenwartsproblemen
Die Nationalen Forschungsprogramme leisten einen Beitrag zur Lösung von Gegenwartsproblemen von nationaler Bedeutung. Der Bundesrat wählt die Forschungsthemen aus und überträgt dem SNF die Verantwortung für die Durchführung der Programme.
Zwei ausgewählte Projekte:
- Bessere Versorgung von Schwangeren. Eine Schwangerschaft kann die Behandlung von chronischen Krankheiten mit passenden Medikamenten erschweren. Frauen im gebärfähigen Alter und insbesondere Schwangere werden noch immer von fast allen randomisierten klinischen Studien ausgeschlossen, die die Wirksamkeit einer Behandlung respektive eines Medikaments untersuchen. Das alles beeinträchtigt den Zugang von schwangeren Frauen zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung. In diesem Projekt analysieren Alice Panchaud und Stéphanie Baggio (Universität Bern) zusammen mit Julia Spoendlin (Universität Basel) und Ursula Winterfeld (Universität Lausanne), wie eine Schwangerschaft den Verlauf einer Arzneimittel-Behandlung beeinflusst. Ihr Ziel ist es, die Behandlung chronischer Krankheiten während der Schwangerschaft zu verbessern.
- Zugang zur Palliativpflege. Welchen Zugang haben lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, intersexuelle sowie queere Menschen (LGBTIQ+) und deren Familien zur Palliativ- und Sterbebegleitung? Welche Bedürfnisse haben solche Personen und auf welche Hindernisse stossen sie? Claudia Gamondi (Universität Lausanne), Tabea Hässler (Universität Zürich/Schweizer LGBTIQ+ Panel) und Francesca Bosisio (Hochschule für Ingenieurwesen und Verwaltung des Kantons Waadt) untersuchen diese Fragen in allen Sprachregionen der Schweiz. Ziel des Projekts ist ein «Regenbogenbuch» mit entsprechenden Empfehlungen, um grundlegende Veränderungen in der Gesundheitsversorgung voranzutreiben.