Wandel des gebauten Raums: Acht Millionen Franken für 13 Projekte
Wie lässt sich gebaute Umwelt an den sozialen und ökologischen Wandel anpassen? Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Baukultur» unterstützt der SNF 13 Projekte, die dies aus unterschiedlichen Perspektiven untersuchen.
Bei den gängigen Praktiken im Umgang mit der gebauten Umwelt gibt es derzeit entscheidende Herausforderungen. Der Gebäudesektor ist einerseits ein grosser CO2-Emittent. Andererseits sorgen Urbanisierung, demografischer Wandel, veränderte Arbeits- und Lebensformen oder Digitalisierung für eine beschleunigte Veränderung der sozialen und wirtschaftlichen Strukturen. All das erfordert radikale Massnahmen. Das Nationale Forschungsprogramm «Baukultur. Für einen sozialen und ökologischen Wandel des gebauten Raums» (NFP 81) will dazu einen Beitrag leisten. Sein Ziel ist es, unser Verständnis der gebauten Umwelt und deren Entwicklung durch interdisziplinäre und transdisziplinäre Zusammenarbeit zu verbessern.
Einbezug von Praxispartnern
Bei der entsprechenden Ausschreibung gingen 81 Projektskizzen ein. 26 Teams wurden im Anschluss aufgefordert, ein detailliertes Forschungsgesuch einzureichen. Am Ende wurden 13 Projekte ausgewählt, die in den nächsten fünf Jahren insgesamt 7,9 Mio. Franken erhalten. Diese Projekte gehen das Forschungsthema «Baukultur» aus unterschiedlichen Perspektiven an. Sie decken alle Sprachregionen der Schweiz ab und setzen den Forschungsschwerpunkt auf einzelne Gebäude oder auch auf ganze Landschaften. Die Forschenden untersuchen Prozesse und Entwicklungen in Städten und urbanen Zentren ebenso wie in Dörfern und ländlichen Gebieten. Zudem ist es eine Besonderheit des NFP 81, dass Praxispartner in die Forschungsprojekte einbezogen werden müssen. Das erhöht den Praxisbezug und erweitert den Kreis der beteiligten Akteure erheblich.
Lösung von Gegenwartsproblemen
Die Nationalen Forschungsprogramme leisten einen Beitrag zur Lösung von Gegenwartsproblemen nationaler Bedeutung. Der Bundesrat wählt die Forschungsthemen aus und überträgt dem SNF die Verantwortung für die Durchführung der Programme.
Drei ausgewählte Projekte
- Siedlungsraum verdichten. Das Raumplanungsgesetz von 2014 gibt die Richtung vor: Die Schweiz muss verdichtet bauen, um genügend Wohnraum für die wachsende Bevölkerung zu schaffen und gleichzeitig die Landschaft zu schonen. David Kaufmann von der ETH Zürich untersucht, wie die Ziele unter Beachtung der Anforderung an die soziale und ökologische Nachhaltigkeit erreicht werden können. Anstelle der derzeit dominierenden Strategie von Abriss und Neubau interessieren ihn die Möglichkeiten der sanften urbanen Transformation, die den Baubestand weiterentwickelt und bezahlbaren Wohnraum schafft. Er will zusammen mit den Praxispartnern – den Städten Winterthur, Lausanne, Kloten und Renens – anhand unterschiedlicher lokaler Gegebenheiten erforschen, wie sich nachhaltige Formen der Verdichtung umsetzen lassen.
- Respektieren des Baubestands. Fast die Hälfte der Schweizer Gebäude stammt aus den Jahren 1946 bis 2000. Um heutigen Anforderungen bezüglich Nutzung und Energieeffizienz gerecht zu werden, müssen viele von ihnen saniert werden. Dieser Prozess schreitet aber viel zu langsam voran. Franz Graf, Giulia Marino und ihre Teams von der Università della Svizzera italiana und der Katholischen Universität Löwen untersuchen mit ihren Praxispartnern – der Stadt Lausanne, dem Kanton Waadt und dem Büro Sujets Objets Architekten – den komplexen Prozess der Renovierung. Sie wollen herausfinden, welche administrativen, regulatorischen oder kulturellen Ursachen ihn behindern. Das Ziel ist die Entwicklung einer Methodik, die gewährleistet, dass die materiellen Eigenheiten des Gebäudeparks bei dessen Sanierung respektiert werden. Die Baukultur müsse die Werte der gebauten Umwelt bereits in der Planungsphase einbeziehen.
- Transformation im ländlichen Raum. Die Umstrukturierung der Dienstleistungen und Versorgungsinfrastrukturen im ländlichen Raum ist Gegenstand eines Projekts unter der Leitung von Dirk Engelke von der Ostschweizer Fachhochschule (OST). Diese Umstrukturierung reduziert auf der einen Seite die Anzahl der Orte, an denen physische Begegnungen stattfinden. Auf der anderen Seite fallen auch Nutzungen für zum Teil baukulturell wertvolle Gebäude oder Ortszentren weg. Die Forschenden interessiert, wie sich Baukultur hin zu Nachhaltigkeit und neuer Funktionalität in diesen Umstrukturierungsprozess integrieren lässt. Akteure aus der Politik, der Verwaltung, aus Unternehmen sowie aus der Zivilgesellschaft werden aktiv in die Forschung mit einbezogen. Praxispartnerin des Projekts ist die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB).