Komplexe internationale Forschung, einfache Gesuchstellung
Wenn Forschende aus mehreren Ländern für ein gemeinsames Projekt Finanzierung beantragen, kann es kompliziert werden. Muss aber nicht. Weave, Lead Agency und International Co-Investigator Scheme bieten einfache Prozesse.
Zur besten Sendezeit im slowenischen Fernsehen: Zellbiologin Kristin Schirmer von der Eidgenössischen Forschungsanstalt Eawag erklärt, wie gewisse Tierversuche durch alternative Ansätze ersetzt werden können. Konkret geht es um Forschungsarbeiten, die sie zusammen mit der Gruppe des Systembiologen Anze Zupanic vom Nationalen Institut für Biologie in Slowenien durchführt. Gemeinsam bringen sie neue Methoden hervor, die den Einfluss von Chemikalien auf das Fischwachstum vorhersagen, und zwar arbeiten sie ausschliesslich mit aus Fischen isolierten Zellen.
Es handelt sich dabei um ein Weave-Projekt: Im Weave-Abkommen haben sich Förderinstitutionen aus mehreren Ländern dazu verpflichtet, gegenseitig Entscheide anzuerkennen, wenn Forschende ein gemeinsames Projekt eingegeben haben. Im Falle von Kristin Schirmer und Anze Zupanic hat der SNF das binationale Gesuch geprüft und bewilligt, sein Pendant in Slowenien hat diesen Entscheid übernommen und finanziert die Arbeiten der slowenischen Wissenschaftler. Analog zu Weave ist eine solche vereinfachte Gesuchstellung und Evaluation auch mit dem Lead-Agency-Verfahren möglich (siehe Kasten).
Mehrwert, den es so in der Schweiz nicht gibt
Dass in der Sendung des slowenischen Fernsehens beide Forschenden zu Wort kommen, unterstreicht einen wichtigen Aspekt der Zusammenarbeit in Weave- oder Lead-Agency-Projekten, wie Kristin Schirmer sagt: «Unser Projekt ist so aufgebaut, dass wir die Expertisen beider Gruppen zwingend benötigen.» Damit entstehe ein Mehrwert, den sie in der Schweiz so nicht haben konnte.
Den grossen Nutzen der sich ergänzenden Expertisen hebt auch Franck Forterre hervor. Der Veterinärchirurg der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern mit Spezialgebiet Neurochirurgie arbeitet mit Partnern in Schweden. Gemeinsam haben sie ein Keramikimplantat entwickelt, das nach der operativen Entfernung von Bandscheiben das Knochenwachstum anregt. «In Bern erproben wir nun in der tierärztlichen Praxis die Anwendung in Hunden», so Franck Forterre. «Unsere Kollegen in Uppsala arbeiten experimentell mit Minischweinen.» Die Kombination beider Projektstränge sei zentral im Hinblick auf den künftigen Einsatz beim Menschen.
Franck Forterres Projekt läuft im Rahmen des International Co-Investigator Scheme. Wie bei Kristin Schirmers Weave-Projekt hat der SNF über das Gesamtprojekt entschieden, doch finanziert er hier sowohl die Arbeiten in der Schweiz wie in Schweden. Die Grundidee hinter beiden Fördermechanismen ist dieselbe: Antrags- und Berichtsprozesse für länderübergreifende Projekte sollen so einfach wie nur möglich sein. Das gelingt, wie Franck Forterre bestätigt: «Wir haben im Vergleich zu einem ganz normalen Antrag kaum Extraaufwand.»
Auch mit drei Beteiligten möglich
Doch oft bündeln nicht nur Forschende aus zwei, sondern aus drei Ländern ihre Kräfte in gemeinsamen Projekten. Weave ermöglicht und vereinfacht auch solche Zusammenarbeiten, wie das Beispiel von Christa Dürscheid zeigt. Die Linguistin an der Universität Zürich untersucht kommunikative Muster in der Schweiz, in Deutschland und Österreich. «Dazu gehört die Art und Weise, wie Beschwerden und Bitten formuliert werden, aber auch der Gebrauch von Routineformeln», erklärt sie. «Wir wollen in allen drei Ländern den jeweiligen Sprachgebrauch empirisch herausarbeiten und unsere Ergebnisse mit der öffentlichen Wahrnehmung vergleichen.»
Diesen Forschungsansatz verfolgt sie nun mit Kolleginnen und Kollegen der Freien Universität Berlin sowie der Universität Salzburg. Beurteilt und genehmigt wurde ihr Projekt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft; der SNF und der Österreichische Wissenschaftsfonds haben die Entscheidung übernommen und finanzieren die Arbeiten in ihrem Land. «So haben wir unkompliziert gleich von drei Seiten Unterstützung für ein grosses internationales Projekt erhalten», sagt Christa Dürscheid.
Klare und einfache Prozesse
Die Projekte von Kristin Schirmer, Franck Forterre und Christa Dürscheid belegen eindrücklich, dass sich auch die Finanzierung von komplexen länderübergreifenden Zusammenarbeiten in der Forschung mit klaren und einfachen Prozessen regeln lässt – ob via Weave, Lead Agency oder International Co-Investigator Scheme. Oder wie Kristin Schirmer sagt: «Es läuft im Prinzip wie bei jedem anderen SNF-Projekt. Ich kann deshalb überhaupt nichts Besonderes zu den administrativen Aspekten berichten.» Das sind in diesem Fall eindeutig gute Neuigkeiten – vor allem für all jene, die auch ein internationales Projekt mit Fördermitteln umsetzen möchten.
Weave, Lead Agency und International Co-Investigator Scheme
Ein Forschungsprojekt mit internationalen Partnerinnen und Partnern finanzieren – dank Abkommen zwischen dem SNF und Förderinstitutionen anderer Länder kann das heute mit reduziertem Aufwand möglich sein. Eingebettet in die normale Projektförderung des SNF werden bei Weave, Lead Agency und International Co-Investigator Scheme Fördermittel für länderübergreifende Projekte basierend nur auf einem Gesuch vergeben.
Lead Agency ist auf Projekte mit Beteiligten aus zwei Ländern ausgerichtet, bei Weave können es bis zu drei Länder sein. Bei beiden Fördermechanismen entscheidet eine Institution alleinig über das Gesuch, die anderen folgen ihr und finanzieren den ihrem Land durchgeführten Teil der Forschung. Beim International Co-Investigator Scheme finanziert die Institution, die den Förderentscheid trifft, das gesamte Projekt.