Lenkungsabgaben senken den Energieverbrauch – wenn sie konsequent gestaltet sind

Das Bild zeigt eine Mehrfachsteckdose mit Schalter.

Forschende der Universität Luzern untersuchten am Beispiel der Basler Elektrizitätsabgabe mögliche Effekte von Lenkungsabgaben sowie Voraussetzungen für eine stärkere Wirkung auf den Stromkonsum.

National- und Ständerat haben entschieden, nicht auf das vom Bundesrat vorgelegte Klima- und Energielenkungssystem (KELS) als zweite Phase der Energiestrategie 2050 einzutreten. Da ein Lenkungssystem jedoch nicht grundsätzlich verworfen wurde, untersuchten Forschende der Universität Luzern im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms "Steuerung des Energieverbrauchs" (NFP 71) die möglichen Effekte einer Abgabe auf Elektrizität.

"Die Wahlfreiheit für die Verbraucher aus den verschiedenen Reduktionsmassnahmen und die damit einhergehende Kosteneffektivität sprechen für Lenkungsabgaben. Ob und in welchem Umfang Haushalte und Betriebe auf eine abgabenbedingte Preiserhöhung für Elektrizität reagieren, ist jedoch noch weitgehend unerforscht", sagt Simon Lüchinger, Professor für Ökonomie an der Universität Luzern.

Von Basel-Stadt lernen

Die Forschenden wollten Erkenntnisse gewinnen, inwiefern eine Lenkungsabgabe das Verhalten der Konsumenten beeinflusst und wie ein entsprechendes Instrument auf Bundesebene wirksam zu gestalten wäre. Dazu analysierten sie die bereits 1999 im Kanton Basel-Stadt eingeführte Lenkungsabgabe auf Strom.

Die Preiserhöhung je Kilowattstunde Strom um durchschnittlich acht Prozent sollte Haushalte und Betriebe zum Stromsparen motivieren. Ausgenommen waren Grossverbraucher.

Um die Wirkung zu ermitteln, verglichen die Forschenden den tatsächlichen Gesamtstromverbrauch in Basel-Stadt mit dem hypothetischen Stromverbrauch ohne die Elektrizitätsabgabe. Dazu wurde der hypothetische Stromkonsum durch einen gewichteten Durchschnitt des Stromverbrauchs vergleichbarer Städte gebildet.

Der so ermittelte Effekt der Basler Elektrizitätsabgabe ist mit einer Reduktion des Stromverbrauchs um zwei bis drei Prozent gegenüber der hypothetischen Situation ohne Abgabe gering. Dieser Wert ist statistisch allerdings nicht gesichert.

Grund für die geringe Wirkung ist vermutlich die gleichzeitige Abschaffung einer Grundgebühr. Dies führte dazu, dass trotz Lenkungsabgabe und damit deutlich höheren Preisen je Kilowattstunde die Stromrechnung für viele Verbraucher nur unwesentlich höher war. So hätte sich Stromsparen zwar grundsätzlich für diese Verbraucher gelohnt, war aber vermutlich nicht ausreichend ersichtlich und wurde zu unklar kommuniziert. Zudem war der Anteil der von der Lenkungsabgabe ausgenommenen Verbraucher relativ hoch.

"Auch wenn die Basler Lenkungsabgabe auf Strom aufgrund der spezifischen Ausgestaltung keine sehr hohe Wirkung zeigt, sind Lenkungsabgaben grundsätzlich attraktiv. Mit hoher Wahlfreiheit der jeweils bevorzugten Massnahmen für die Verbraucher kann der Stromverbrauch kosteneffektiv gesenkt werden. Dafür braucht es aber neben einer einfachen Ausgestaltung politische Entschlossenheit, damit die Wirkung einer Energiepreiserhöhung auf der einen Seite nicht durch Entlastungen auf der anderen Seite aufgehoben wird. Dies ist vor allem auch deshalb wichtig, weil die Verbraucher auf Durchschnittspreise anstelle des eigentlich relevanten Preises einer zusätzlichen Kilowattstunde zu reagieren scheinen. Auch müssen die Abgabe und deren Wirkung klar verständlich kommuniziert werden", fasst Lüchinger die Ergebnisse zusammen.

Kontakt

Prof. Dr. Simon Lüchinger
Ökonomisches Seminar
Universität Luzern
Frohburgstrasse 3
6002 Luzern
Tel.: +41 (0)41 229 58 30

E-Mail 
simon.luechinger@unilu.chExternal Link Icon

Reduktion von Energieverbrauch und CO2-Emissionen: lenken oder fördern?

Während die oben genannte Studie die Wirksamkeit von Lenkungsabgaben untersuchte, lieferte das NFP-71-Projekt "Förder- oder lenkungsbasierte Energiepolitik" unter Leitung von Prof. Sebastian Rausch vom Center for Economic Research an der ETH Zürich detaillierte Folgeabschätzungen der energiepolitischen Strategien "Lenkung" und "Förderung" hinsichtlich Effizienz und sozialer Ausgewogenheit.

MedienmitteilungExternal Link Icon

Die Nationalen Forschungsprogramme "Energiewende" (NFP 70) und "Steuerung des Energieverbrauchs" (NFP 71)

Die Nationalen Forschungsprogramme "Energiewende" (NFP 70) und "Steuerung des Energieverbrauchs" (NFP 71) des Schweizerischen Nationalfonds erforschen die naturwissenschaftlich-technologischen und gesellschaftlich-ökonomischen Aspekte für die erfolgreiche Realisierung der Energiewende. Über 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden bis Ende 2018 in mehr als 100 Forschungsprojekten Erkenntnisse zur substanziellen Verringerung des Energieverbrauchs, zu neuen Technologien sowie zu gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für deren Implementierung in den kommenden 10 bis 30 Jahren erarbeiten.

Aufgrund zahlreicher Wechselbeziehungen werden die parallel laufenden NFP 70 und NFP 71 eng koordiniert.

Weitere Informationen zu den einzelnen Forschungsprojekten und zur Organisation der Nationalen Forschungsprogramme sind auf www.nfp70.ch und www.nfp71.ch zu finden.