1500 neue Forschungsprojekte und 400 Auslandstipendien im Jubiläumsjahr
2022 bewilligte der SNF 910 Mio. Franken für seine regulären Förderinstrumente. Weitere 173 Mio. vergaben wir für Horizon-Europe-Übergangsmassnahmen. Die Corona-Forschung brachte eine Fülle von Ergebnissen.
Am 1. August 2022 feierte der SNF das 70-Jahr-Jubiläum. Gegründet 1952 aus der Besorgnis, dass die Schweizer Forschung nach dem Zweiten Weltkrieg ins Mittelmass absinken könnte, erfüllt er heute die gleichen Hauptaufgaben wie damals: im Auftrag des Bundes die besten Projekte aller Disziplinen fördern und Impulse für die Weiterentwicklung der Forschung geben. Wir ermöglichen einen gesamtschweizerischen und unabhängigen Wettbewerb der Forschungsideen, der einzig der Qualität verpflichtet ist. Dafür engagieren sich in Milizgremien rund 1100 Wissenschaftler:innen aus dem In- und Ausland, unterstützt von der Geschäftsstelle in Bern.
Im Jahr 2022 evaluierte der SNF Tausende von Gesuchen und bewilligte Fördermittel für rund 1500 Forschungsprojekte und 400 Auslandstipendien sowie für frei zugängliche Publikationen. Insgesamt investierte er 910 Mio. Franken in neue Projekte, Stipendien und Bücher im Rahmen seiner regulären Förderinstrumente, zusätzlich 4 Mio. für Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften. Weitere 173 Mio. vergaben wir für ausserordentliche Übergangsmassnahmen, weil die Forschenden in der Schweiz an wichtigen Teilen von Horizon Europe, dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, nicht teilnehmen können. Diese Übergangsmassnahmen ersetzen jedoch nicht das europäische Rahmenprogramm. Der SNF befürwortet deshalb eine rasche Assoziierung der Schweiz an Horizon Europe.
Die Institutionen erhalten ausserdem etwa 146 Mio. Franken für indirekte Forschungskosten, die während der Laufzeit der neuen Projekte entstehen.
Und so teilen sich die im Jahr 2022 neu zugesprochenen SNF-Fördermittel auf die Förderkategorien, Fachgebiete und Institutionen auf:
- Förderkategorien: In die Projektförderung, bei der erfahrene Forschende ihre eigenen Ideen realisieren, investierten wir 510 Mio. Franken. 187 Mio. bewilligten wir für die Arbeit von Forschungsgruppen in Programmen, 172 Mio. für Nachwuchsforschende in der Karriereförderung, 26 Mio. für die Wissenschaftskommunikation und 14 Mio. für Infrastrukturen. Mit 173 Mio. unterstützten wir Projekte der Horizon-Europe-Übergangsmassnahmen. Zusätzlich finanzierte der SNF über das Portal seines Partners ChronosHub rund 1500 frei zugängliche Zeitschriftenartikel mit 4 Mio.
- Fachgebiete: 389 Mio. Franken gingen in die Lebenswissenschaften, 335 Mio. in das Fachgebiet Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften und 266 Mio. in die Geistes- und Sozialwissenschaften. Weitere 93 Mio. setzten wir für die interdisziplinären Projekte des Programms Sinergia ein.
- Institutionen: Für Gesuche der Universitäten vergab der SNF 652 Mio. Franken, für die Institutionen des ETH-Bereichs 282 Mio., für die Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen 59 Mio. und für andere Institutionen 90 Mio. Ausserdem erhalten die Institutionen wie erwähnt etwa 146 Mio. Franken für indirekte Forschungskosten, die während der Laufzeit der neuen Projekte entstehen.
5500 Projekte mit 20'000 Forschenden
Ende 2022 waren 5500 von uns geförderte Projekte im Gang. Die meisten von ihnen dauern mehrere Jahre. An den Projekten waren mehr als 20’000 Forschende von Hochschulen und anderen Institutionen beteiligt, davon 39,5% Frauen. Der Anteil an Forscherinnen, die ein Projekt leiten, betrug 31,7%. Dies entspricht einer Zunahme von 1 Prozentpunkt gegenüber dem Jahr 2021.
Viele Ergebnisse der Corona-Forschung
Die Sonderausschreibung «Coronaviren», das Nationale Forschungsprogramm 78 «Covid-19» und weitere vom SNF finanzierte Projekte schufen 2022 laufend Wissen über das Virus und die Pandemie. Ab Dezember 2022 starteten zudem 25 Projekte des Nationalen Forschungsprogramms 80 «Covid-19 in der Gesellschaft», die sich mit geistes- und sozialwissenschaftlichen Fragen befassen. Die Forschenden untersuchen zum Beispiel den Einfluss der Pandemie auf die Arbeitswelt, die Familienstrukturen und den sozialen Zusammenhalt.
Internationale Vernetzung
Auch im vergangenen Jahr stärkten wir die internationale Vernetzung der Schweizer Forschung. So unterzeichnete der SNF mit der israelischen Förderorganisation eine gemeinsame Absichtserklärung. Mit der National Science Foundation (USA) vereinfachten wir die Zusammenarbeit von Forschenden beider Länder in der Quantenforschung. Und zusammen mit Partnern in vier Kontinenten starteten wir eine internationale Initiative zu den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung.
Unterstützung für ukrainische Forschende
Der Krieg gegen die Ukraine wirkt sich verheerend auf den Wissenschaftsstandort des Landes aus. Nach dem russischen Angriff reagierte der SNF rasch und sorgte gemeinsam mit Partnern dafür, dass rund hundert Forschende aus der Ukraine in die Schweiz kommen und hier arbeiten konnten. Ausserdem unterzeichnete er im Sommer 2022 eine Vereinbarung für eine engere Zusammenarbeit mit der ukrainischen Förderorganisation.
Weitere Einblicke vermittelt der Jahresbericht 2022. Die detaillierten Kennzahlen und alle geförderten Projekte sind auf dem SNF-Datenportal zugänglich.
Vom SNF finanzierte neue Projekte – sechs Beispiele aus der «Projektförderung»
Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften
Mit dem Rätsel der Lithiumhäufigkeit in massearmen Zwergsternen befasst sich Corinne Charbonnel, Universität Genf. Ihr Ziel: die Klärung offener Fragen der Sternphysik, der galaktischen Archäologie und der chemischen Entwicklung des Universums.
Christoph Studer (ETH Zürich) erforscht neue Methoden im Zusammenhang mit Positionierungssystemen, die geräteunabhängig sind. Diese Systeme ermöglichen es, einen Standort auch in Innenräumen oder dichtbesiedelten Gebieten zu lokalisieren.
Geistes- und Sozialwissenschaften
Wie hat sich die Heimunterbringung von Kleinkindern in den späten 1950er-Jahren auf ihr weiteres Leben ausgewirkt? Haben die Platzierungen sogar die nächste Generation beeinflusst? Patricia Lannen vom Marie Meierhofer Institut für das Kind (MMI) der Universität Zürich geht diesen Fragen nach.
Laurent Fresard, Universität der italienischen Schweiz (USI), untersucht den Zusammenhang zwischen nachhaltigen Investitionen und entsprechenden Informationen der Finanzmärkte – und wie diese Informationen Entscheidungen der Unternehmen beeinflussen.
Lebenswissenschaften
Wie lassen sich chronische Kreuzschmerzen lindern? Einen neuartigen, interdisziplinären Ansatz erforschen Sibylle Grad vom Forschungszentrum der medizinischen AO-Stiftung in Davos und Olivier Guillaume von der Technischen Universität Wien.
Dringenden Fragen zur Bedrohung der Artenvielfalt widmen sich Jakob Brodersen von der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag) und Nicolaj Krog Larsen von der Universität Kopenhagen. Anhand von geologischen und biologischen Daten aus verschiedenen Seen analysieren sie Faktoren, welche die Vielfalt beeinflussen.
Mehrjahresprogramm 2025-2028 mit vier Prioritäten
Im August 2022 hat der SNF sein Mehrjahresprogramm 2025-2028 beim Bund eingereicht. Damit die Schweizer Forschung ihre Herausforderungen bewältigen kann, haben wir für diesen Zeitraum vier Prioritäten definiert:
- Internationale Vernetzung stärken
- Forschungspotenzial voll ausschöpfen
- Gemeinsam auf eine nachhaltige Zukunft hinwirken
- Digitalisierung in der Wissenschaft vorantreiben
Die neuen Massnahmen zur Umsetzung der genannten Prioritäten ergänzen das bestehende Portfolio, mit dem wir die Forschung in der Schweiz erfolgreich unterstützen. Der grösste Teil des Budgets fliesst nach wie vor in Projekte, deren Themen die Forschenden selber vorschlagen. Mit ihrer wissenschaftlichen Neugierde tragen sie zum Fortschritt in Gesellschaft und Wirtschaft bei.