NFS "Strukturbiologie – Molekulare Lebenswissenschaften: Dreidimensionale Struktur, Faltung und Interaktionen" (2001-2013)

NFS-Leiter: Prof. Markus Grütter (2001-2013)

Heiminstitution: Universität Zürich

Inhalt der Forschung und wichtigste Resultate

Der NFS "Strukturbiologie – Molekulare Lebenswissenschaften: Dreidimensionale Struktur, Faltung und Interaktionen" fokussierte seine Forschungstätigkeit auf folgende drei Schlüsselbereiche: Membranproteine, supramolekulare Komplexe und der Entwicklung neuer Technologien – in allen Bereichen erreichte der NFS Bemerkenswertes.

Die Forschung zu den Membranproteinen lag schwergewichtig auf einigen Typen der so genannten Membrantransporter. Diese erlauben den Austausch von Stoffen oder regulieren den Transport von Substanzen zwischen der Zelle und ihrem Umfeld und sind zentral für alle Funktionen einer Zelle. Die bedeutendsten Ergebnisse in diesem Bereich sind, dass die Strukturen (Kristallstrukturen) verschiedener dieser Transporter geklärt und, in Verbindung damit, die Mechanismen in diesen klinisch relevanten Membrankanälen oder -transportern besser verstanden wurden. Im Bereich der supramolekularen Komplexe analysierten die Forschenden spezifische Strukturaspekte in den Genen (DNS), Ribosomen und so genannten Proteinfilamenten. Die atomare Struktur des Nukleosom (erste Verpackungsstufe der DNS) sowie von spezifischen Chromatinfasern wurden geklärt. Zudem gelang es, erstmalig die komplette Struktur ribosomaler Untereinheiten zu beschreiben. Schliesslich untersuchten die NFS-Beteiligten erfolgreich Bakterienfilamente: Diese sind entscheidend für die Anbindung der Bakterien an spezifische Oberflächen in einen Organismus. Mit den grundlegenden Erkenntnissen dieser Forschung wird die Virulenz von Bakterien besser verstanden.

Die im NFS entwickelten Technologien umfassen eine breite Palette, die von neuen Methoden der Proteinreinigung über Technologien der Strukturbestimmung (Röntgentechnologien, nukleare Magnetresonanz-Bildgebung und neuartiger Elektronenmikroskopie) über Einzelmolekül-Spektroskopie zu computergestützten Simulationstechnologien reicht.

Übersicht NFS-Projekte und beteiligte Forschungsgruppen (englisch, PDF, 42 KB) (PDF)

  • Finanzierung

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    Der SNF sprach dem NFS rund 37 Millionen CHF über die 12 Jahre zu. Wie aus der Tabelle unten hervorgeht, machte dies knapp 30% der totalen Finanzmittel aus, die der NFS verwenden konnte. Die restlichen Mittel stammten hauptsächlich aus Drittmitteln und Eigenmittel der beteiligten Forschungsgruppen.

    Finanzierung 2001 - 2013

    Finanzquelle (CHF)

    2001-2004

    2005-2008

    2009-2012

    2001-2013

    %

    SNF-Beitrag

    13'211'311

    13'837'122

    9'600'037

    36'648'470

    29,8

    Eigenleistung der Universität Zürich

    4'983'971

    6'292'339

    5'596'468

    16'872'778

    13,7

    Eigenleistung der ETH Zürich

    3'975'896

    3'925'116

    2'689'985

    10'590'997

    8,6

    Gelder der beteiligten Forschungsgruppen

    16'290'549

    18'980'013

    22'508'928

    57'779'490

    47,0

    Drittmittelfinanzierung

    50'000

    723'630

    264'508

    1'038'138

    0,8

    Total

    38'511'727

    43'758'220

    40'659'926

    122'929'873

    100,0

  • Internationale Stellung der Schweizer Forschung

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    ​Die internationale Ausstrahlungskraft des Forschungsplatzes Zürich führte dazu, dass junge akademisch hervorragend ausgebildete Nachwuchsforschende aus dem Ausland rekrutiert werden konnten, die inzwischen alle Lehrstühle an der Universität oder ETH Zürich besetzen.

    Das vom SNF eingesetzte wissenschaftliche Begleitkomitee war bei seiner Schlussbeurteilung des NFS äusserst positiv: "diese Gruppe darf als das international führende Konsortien in der Strukturbiologie betrachtet werden". Entsprechend war die Qualität der wissenschaftlichen Publikationen herausragend: über 600 Artikel aus dem NFS erschienen in den renommiertesten wissenschaftlichen Zeitschriften (wie z.B. "Science" oder "Nature").

    Die meisten der beteiligten Forschungsgruppenleitenden werden in der Wissenschaftsgemeinde in ihrem Forschungsbereich als führend anerkannt. So wurden NFS-Beteiligte mit zahlreichen Preisen und Ehrungen ausgezeichnet. Die wichtigste Auszeichnung war die Verleihung des Nobelpreises in Chemie an Kurt Wüthrich im Jahr 2002. Fünf NFS-Mitglieder erhielten einen der begehrten persönlichen Förderbeiträge des Europäischen Forschungsrates (ERC grants). Tatsächlich lockte die internationale Ausstrahlung der Zürcher Strukturbiologieforschung ausgezeichnete Nachwuchsforschende in die Schweiz. Sie wurden für höhere akademische Stellen rekrutiert und etablierten sich anschliessend alle auf permanenten Professuren.

    Publikationen

    Typ

    Anzahl

    Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften (mit Peer Review)

    674

    Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften (ohne Peer Review)

    39

    Artikel in Sammelbänden

    13

    Bücher

    25

    Berichte

    0

    Total

    751

  • Strukturelle Entwicklung - Ausblick auf das Forschungsfeld

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    Der NFS schuf zusammen mit den Heiminstitutionen, der Universität und ETH Zürich, günstige organisatorische Bedingungen für die Strukturbiologie in Zürich, so dass ein Spitzenplatz der Schweizer Forschung in diesem Feld über die Dauer des NFS hinaus gesichert werden konnte. Das neu geschaffene "Zurich Centre for Molecular Structure and Mechanism" ist ein wichtiger Baustein, um diese Führungsposition weiterhin zu halten. Der SwissFEL (Schweizer Freie-Elektronen-Röntgenlaser) am Paul-Scherrer-Institut (PSI) eröffnet neue Möglichkeiten im Bereich der Kristallographie, d.h. bei der Strukturbestimmung von Molekülen. Die aus dieser Forschung erwarteten Resultate werden den gegenwärtigen Kenntnisstand in den molekularen Lebenswissenschaften vermutlich grundlegend verändern – in bester Tradition bahnbrechender Bestrebungen in der Forschung wird die Gesellschaft von diesen neuen Erkenntnissen profitieren.

    Strukturmassnahmen

    Anzahl geschaffene Professuren

    3 neue Professuren3 neue Assistenzprofessuren (tenure track)3 Neubesetzungen (z.B. Nachfolgen von im NFS tätigen Professuren)

    Junior Group Leaders (beteiligte Nachwuchsforschende)

    Im NFS Strukturbiologie gab es keine Nachwuchsgruppenleiterinnen / -leiter

    Infrastrukturen / Plattformen

    "High throughput crystallisation platform" der Universität und ETH Zürich"High throughput protein expression and ribosome display platform" der Universität Zürich"Isotope labelling platform", ETH Zürich"Center for Cell Imaging and NanoAnalytics" (C-CINA), Biozentrum, D-BSSE, Basel (mit finanzieller Unterstützung des NFS)Spezielle "Beamline" an Swiss Light Source SLS, Paul Scherrer Institut, Villingen (mit finanzieller Unterstützung des NFS)

    NFS-Netzwerk

    Universität Zürich, ETH Zürich, M.E. Müller Institut der Universität Basel; Paul Scherrer Institut, EPF LausanneFachhochschule Nordwestschweiz, Basel, F. Hoffmann Roche AG, Novartis AG, Actelion Pharmaceuticals, Boehringer-Ingelheim, Molecular Partners, Novo Nordisk, Polyphor"Protein Production Platform" (P-CUBE) eine EU-geförderte Forschungsinfrastruktur, "European Membrane Biology Network" (EMBN)

  • Transfer von Wissen und Technologien in Wirtschaft und Gesellschaft

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    Im NFS beteiligte Forschende haben insgesamt 34 Patente eingereicht. Das geistige Eigentum aus diesen Patenten wurde in zahlreichen nicht-exklusiven Lizenzen weitergegeben, damit Dritte es nutzen oder in neuen Produkten anwenden können. Zwei neu gegründete sogenannte Spin-off-Firmen entwickeln Forschungsresultate aus dem NFS weiter – die beiden Unternehmen sind immer noch im Markt tätig und wachsen seit ihrer Gründung. Die Molecular Partners AG ist ein Spin-off der Universität Zürich und nutzt die dort patentierte Ankyrin-Technologie. Die Firma wuchs seit 2005 ständig und schuf bis zum Ende des NFS (2013) rund 70 Vollzeitstellen. Nach erfolgreichen klinischen Versuchen eines spezifischen Inhibitors zur Behandlung von Augenkrankheiten konnte eine Lizenzvereinbarung über mehrere Millionen US-Dollar mit Allergan, einem irischen Pharma-Unternehmen, geschlossen werden. Redbiotec, ein Spin-off der ETH Zürich, wurde 2006 gegründet. Die Firma verwertet das patentierte "Mulitbac-System" zur Expression von multimolekularen Komplexen in seiner rePAX® Technologie. Eine Anwendung ist die Entwicklung einer neuen Generation antiviraler Impfstoffe.

    Wissens- und Technologietransfer

    Typ

    Anzahl

    Eingereichte Patente

    34

    Lizenzen

    17

    Start-up-Firmen

    2

    Prototypen, Demonstratoren

    -

    Prozesse, Produkte

    2

    KTI-Projekte

    2

    Zweiundzwanzig Prozent der Doktoranden und Postdoktoranden fanden nach ihrem Abschluss Stellen im privaten oder öffentlichen Sektor. Diese jungen Forschenden sind eine wichtige Quelle für den direkten Wissenstransfer in Wirtschaft und Gesellschaft.

  • Nachwuchsförderung und Förderung der Frauen in der Wissenschaft

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    Der NFS Strukturbiologie bot für seine Doktorierenden und weitere Interessierte qualitativ hochstehende praktische und theoretische Ausbildungseinheiten an. Die Strukturbiologie-Symposien schufen jährlich eine Plattform für den persönlichen Austausch zwischen ambitionierten Nachwuchsforschenden und führenden Forschenden, die regelmässig an diesem Symposium teilnahmen bzw. als Hauptrednerinnen oder -redner auftraten.

    Ein besonderer Vorzug des vom NFS entwickelten Doktoratsprogramms "Biomolecular Structure and Mechanism" war die Möglichkeit, dass sich die Doktorierenden in eines der langfristig angelegten NFS-Projekte einbringen konnten und dabei mit neuesten Methoden und Technologien in der Strukturbiologie in Berührung kamen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den NFS-Gruppen, von der sowohl Doktorierende wie fortgeschrittene Nachwuchsforschende stark profitierten, war eine weitere Stärke der Ausbildungsprogramme. Bis zum Ende des NFS etablierten 33 ehemalige Nachwuchsleute aus dem NFS ihre eigenen, unabhängigen Forschungsgruppen im In- und Ausland; fünf davon sind Frauen und zwei der Ehemaligen wurden schon mit Förderbeiträgen des Europäischen Forschungsrates (ERC Starting grants) auszeichnet.

    Eine gleich hohe Vertretung von Frauen und Männern auf allen akademischen Stufen ist in den naturwissenschaftlichen Bereichen an den Schweizer Hochschulen immer noch ein weit entferntes Ziel. Im Bereich der Strukturbiologie hat der NFS in seinem begrenzten Rahmen einige Fortschritte erzielt. Der Anteil der Frauen unter den Nachwuchsforschenden betrug durchgehend zwischen 25 und 35 Prozent.