Experimentalphysikerin Ursula Keller erhält Wissenschaftspreis Marcel Benoist

Ursula Keller ist Preisträgerin 2022

Ursula Keller hat die Grenzen der ultraschnellen Laser-Physik verschoben. Sie wird mit dem Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist ausgezeichnet.

Er gilt unter Forschenden als Schweizer Nobelpreis und ist mit CHF 250'000 dotiert: Der Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist geht in diesem Jahr an Ursula Keller, Professorin für Experimentalphysik am Institut für Quantenelektronik der ETH Zürich. Sie hat sowohl mit theoretischen Modellen als auch mit experimentellen Ergebnissen mehrfach die Grenzen der ultraschnellen Laser-Physik verschoben.

«Es ist für mich eine grosse Ehre, den Marcel Benoist Preis zu erhalten», freut sich Keller. «Er ist Anerkennung für fast 30 Jahre angewandte Forschung und Grundlagenforschung an der ETH Zürich und sogleich meine erste wissenschaftliche Auszeichnung in der Schweiz. Mein Dank gilt meiner grossartigen Forschungsgruppe, allen Postdocs, Doktorandinnen und Doktoranden sowie externen Partnerinnen und Partnern, welche diese Arbeit ermöglicht haben.»

Seit der Laser erfunden wurde, wollten Forschende ihn dazu nutzen, Materialien zu transformieren. Mit kontinuierlichen Laserstrahlen gelang dies jedoch nicht, weil sie zu ungenau waren und die Materialien zu stark aufheizten. Die Lösung sah man schliesslich in der Verwendung von gepulstem Laserlicht, was jedoch eine komplizierte Technik erforderte. Professorin Keller löste das Problem durch den Einsatz von Halbleitern und erfand 1991 die sogenannte SESAM-Technologie.

SESAM steht für Semiconductor Saturable Absorber Mirror. Dank dieser Technologie wurde es möglich, mit Festkörperlasern Lichtpulse mit einer Dauer im Femtosekundenbereich zu produzieren. Eine Femtosekunde entspricht dem millionsten Teil einer Milliardstel-Sekunde. In dieser kurzen Zeitspanne können zum Beispiel die Bewegungen von Atomen oder die Mechanismen von chemischen Reaktionen untersucht werden.

Gemeinsame Verleihung in Bern

Für die wissenschaftliche Selektion der Preisträgerin war der Schweizerische Nationalfonds (SNF) im Auftrag der Marcel Benoist Stiftung zuständig. Die gemeinsame Verleihung mit dem Schweizer Wissenschaftspreis Latsis, der an Kerstin Vokinger geht, findet am 3. November 2022 im Berner Rathaus statt.

Die Präsidenten der beiden Stiftungen, Bundesrat Guy Parmelin von der Marcel Benoist Stiftung und Professor Denis Duboule von der Fondation Latsis, werden die Preise überreichen. Bundesrat Parmelin betont: «Dass wir Ursula Keller und Kerstin Noëlle Vokinger mit den Schweizer Wissenschaftspreisen 2022 auszeichnen können, freut uns ausserordentlich. Sie sind ausgezeichnete Wissenschaftlerinnen und stehen exemplarisch für die Exzellenz des Schweizer Forschungsplatzes.»

Die Preisträgerin 2022: Ursula Keller

Ursula Keller wurde 1959 in Zug geboren und studierte an der ETH Zürich Physik. Ihr Masterstudium sowie das Doktorat in angewandter Physik absolvierte sie an der Stanford University. Ab 1989 arbeitete sie in den AT&T Bell Labs in New Jersey. 1993 wurde sie zur ausserordentlichen und 1997 zur ordentlichen Professorin für Experimentalphysik an der ETH Zürich gewählt, womit sie zu deren ersten Physik-Professorin wurde.

Von 2010 bis 2022 war Ursula Keller Direktorin des vom SNF initiierten Forschungsprogramms NCCR MUST (Molecular Ultrafast Science and Technology). 2012 gründete sie zudem das ETH Women Professors Forum, das sie bis 2016 präsidierte. Ursula Keller wurde für ihre Forschungsleistungen mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem erhielt sie vom Europäischen Patentamt als erste Frau den renommierten Europäischen Erfinderpreis für ihr Lebenswerk. 2021 wurde sie in die US-amerikanische Akademie der Wissenschaften aufgenommen.

Die Marcel Benoist Stiftung

Seit 1920 zeichnet die Marcel Benoist Stiftung jedes Jahr unabhängig und hochschulübergreifend herausragende Forschung aus, die für das menschliche Leben von Bedeutung ist. Sie ehrt damit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die für die Exzellenz des Forschungsplatzes Schweiz stehen. Bereits elf Preisträger haben später den Nobelpreis erhalten. Das Nominations- und Evaluationsverfahren wird vom SNF im Auftrag der Marcel Benoist Stiftung durchgeführt. Der Preis 2022 wird im Bereich Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften verliehen.