Neue Nationale Forschungsprogramme: Zu diesen Schwerpunkten wird geforscht

Nationale Forschungsprogramme (NFP)

Der Bund hat den SNF beauftragt, vier Nationale Forschungsprogramme durchzuführen. Die NFP «Baukultur», «Biodiversität», «Gendermedizin» und «Pflanzenzüchtung» sollen Ende Jahr ausgeschrieben werden. Welches sind ihre Schwerpunkte?

Die NFP leisten wissenschaftliche Beiträge zur Lösung aktueller Herausforderungen von nationaler Bedeutung. Sie werden durch den Bundesrat lanciert. Innerhalb eines Programms werden die Forschungsprojekte im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel koordiniert. Um eine möglichst grosse Wirkung zu erzielen, haben die Zusammenarbeit und der Austausch mit Akteur:innen aus der Praxis einen hohen Stellenwert. Insgesamt stehen für die vier neuen NFP 47 Millionen Franken zur Verfügung. Sie dauern fünf Jahre.

Der SNF stellt nun die Leitungsgruppen zusammen, welche über den Sommer und Herbst hinweg die Ausschreibungen erarbeiten. Die Leitungsgruppen werden vom Nationalen Forschungsrat eingesetzt und sind für den Gesamtprozess eines NFP verantwortlich – von der Projektauswahl bis zum Programmabschluss.

Die vier NFP werden voraussichtlich im Dezember 2023 mit einem zweistufigen Verfahren ausgeschrieben: Bis Ende März 2024 reichen die Forschenden eine Skizze ein, danach auf Einladung ihr vollständiges Gesuch um Finanzierung.

Die vier neuen NFP kurz vorgestellt:

NFP «Zukünftige Baukultur»

Das Nationale Forschungsprogramm «Zukünftige Baukultur: Wertschätzung des gebauten Raums» (NFP 81) ist mit 10,6 Millionen Franken dotiert. Es soll Strategien und Verfahren entwickeln, um die Qualität der bebauten und unbebauten Umwelt langfristig zu verbessern. Das NFP fördert den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen und zwischen der Forschung und der Praxis. Drei Schwerpunkte werden gesetzt:

  • Die Wissenschaft der nachhaltigkeitsorientierten Baukultur umfasst naturwissenschaftliche und technische Aspekte, die an Themen wie Energiewende, Ressourcenverbrauch, Klimawandel, nachhaltige Entwicklung und Biodiversität anschliessen.
  • Die soziokulturelle Dimension der Baukultur greift Planungsprozesse auf, um die Raumplanung, die Stadtentwicklung und das Bauen und Wohnen zu verbessern.
  • Implementierungsszenarios zur Förderung der Baukultur beziehen sich auf die Umsetzung der Erkenntnisse aus den beiden vorangehenden Schwerpunkten. Zusammen mit den relevanten Akteur:innen aus der Praxis werden Kommunikationswege, Gestaltungsverfahren und Prozesse entwickelt. Diese Umsetzungsaktivitäten werden für alle Forschungsprojekte obligatorisch sein.

NFP «Biodiversität und Ökosystemleistungen»

Das Nationale Forschungsprogramm «Förderung der Biodiversität und nachhaltiger Ökosystemleistungen für die Schweiz» (NFP 82) ist mit 15,5 Millionen Franken dotiert. Es analysiert zum einen die Bewirtschaftung und die Nutzung von Biodiversität und Ökosystemleistungen in der Schweiz, zum andern die Auswirkungen des Schweizer Konsums und der dafür nötigen Produktion im Ausland. Dabei untersucht das Programm auch die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Faktoren. Es verfolgt einen transformativen Ansatz und setzt deshalb die folgenden Schwerpunkte:

  • Systemwissen: Analyse des Ist-Zustands und der Trends.
  • Zielwissen: Definition des Soll-Zustands.
  • Transformationswissen: Entwicklung von Entscheidungsoptionen, Bewirtschaftungsmöglichkeiten und Wegen, die vom Ist- zum Soll-Zustand führen können.

Das NFP wird als transdisziplinäres Forschungsprogramm aufgesetzt, mit einem ausdrücklichen Einbezug von Akteur:innen aus der Praxis bereits bei der Ausarbeitung der Projekte und während der Forschungsphase. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, schreibt der SNF zuerst eine Vorbereitungsphase aus. In dieser Phase erarbeiten die Forschenden, zusammen mit der Praxis, während sechs Monaten ein Projekt, inklusive eines Wirkungsmodells. Zudem werden die Teams gegen Ende der Forschungsarbeit eingeladen, gemeinsam mit Akteur:innen aus der Gesellschaft Veränderungsprozesse voranzutreiben.

NFP «Gendermedizin»

Das Nationale Forschungsprogramm «Gendermedizin und Gesundheit» (NFP 83) ist mit 11 Millionen Franken dotiert. Es schafft eine Wissensbasis für den Einbezug von Geschlechter- und Genderaspekten in die medizinische Forschung und die Gesundheitsversorgung. Das NFP will zu einem Kulturwandel beitragen und Standards erarbeiten. Zudem soll es Ausgangspunkt sein für eine langfristig ausgerichtete Forschung in der Gendermedizin. Das NFP untersucht unter geschlechter- und genderspezifischer Perspektive vier Schwerpunkte:

  • Gesundheitsversorgung und Prävention.
  • Medizinische Behandlungen und Therapien.
  • Wirkmechanismen in der Medizin und der öffentlichen Gesundheit.
  • Soziale und gesellschaftliche Auswirkungen.

Die Forschung in diesem NFP verfolgt einen interdisziplinären Ansatz, bei dem Forschende aus unterschiedlichen Fachdisziplinen zusammenarbeiten. Themenübergreifende Kooperationen mit der Praxis sind für den Erfolg des Programms von entscheidender Bedeutung.

NFP «Pflanzenzüchtung»

Das Nationale Forschungsprogramm «Innovative Pflanzenzüchtung» (NFP 84) ist mit 10 Millionen Franken dotiert. Es verfolgt das Ziel, Innovationen in der Pflanzenzüchtung mit sozioökonomischen und politischen Veränderungen zu verknüpfen. In gesellschaftlicher Hinsicht soll das Programm Wege aufzeigen zu einer erfolgreichen Markteinführung von Lösungen und Produkten, die sich mittels der neuen Züchtungsverfahren entwickeln lassen. Dazu legt das NFP drei Schwerpunkte fest:

  • Fallstudien zu den Chancen, die neue Züchtungsverfahren für den resilienten und ressourceneffizienten Anbau und Konsum bieten.
  • Gesellschaftliche Wahrnehmung, ethische Erwägungen sowie Analysen zum Marktpotenzial der neuen Züchtungsverfahren.
  • Wege zu zukunftsorientierten regulatorischen Rahmenwerken.

Das Programm konzentriert sich auf das Innovationspotenzial der neuen Züchtungsverfahren. Es kann zur Entwicklung von Pflanzen mit nützlichen Eigenschaften beitragen. Wie bei allen Pflanzenzüchtungen müssen Testmöglichkeiten im Feld gegeben sein. Die NFP können die bei Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, vorhandene Infrastruktur für geschützte Feldversuche nutzen. Praxisorientierte und im vorgesehenen Zeitraum umsetzbare Forschungsprojekte stehen im Vordergrund.

NFP-Prüfrunde 2022/2023: Von 78 Vorschlägen zu vier Programmen

Im März 2022 hat das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) 78 Vorschläge für neue NFP erhalten. In einer ersten Phase wurden die Meinungen der Bundesämter zu den Vorschlägen eingeholt und, darauf abgestützt, sechs Programmvorschläge ausgearbeitet.

Zwischen Juli und November 2022 prüfte der SNF diese sechs Vorschläge hinsichtlich Machbarkeit und gelangte bei vier zu einem positiven Ergebnis.

In einer zweiten Phase erarbeitete der SNF im Auftrag des SBFI zwischen Dezember 2022 und Ende März 2023 vier Programmkonzepte. Auf dieser Basis entschied der Bundesrat am 2. Juni 2023, vier neue NFP zu lancieren.