Neue klinische Studien zu ungenügend erforschten Themen

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Von Verhaltenstherapie für psychisch kranke Menschen bis zu tragbaren medizinischen Geräten in der Palliativpflege – der SNF fördert neun Studien an Spitälern mit 17,2 Millionen Franken.

Wann kann eine Lungenentzündung auch ohne Antibiotika behandelt werden? Manche medizinischen Fragen wie diese stehen nicht im Fokus der Industrie, obwohl sie für die Gesellschaft von grosser Bedeutung sind. Deshalb fördert der SNF seit 2016 herausragende klinische Studien zu solchen ungenügend erforschten Themen.

Für die Ausschreibung 2021 des Programms Investigator Initiated Clinical Trials (IICT) hat er 28 Gesuche erhalten und unterstützt nun neun davon mit insgesamt 17,2 Millionen Franken. Die Forschenden werden vier bis fünf Jahre an ihren klinischen Studien arbeiten. Dafür rekrutieren sie pro Projekt zwischen 150 und 900 Patientinnen und Patienten.

Die neun bewilligten Projekte

Christoph Berger, Kinderspital Zürich: Sind Antibiotika zur Behandlung von Lungenentzündungen bei Kindern notwendig? Ein neuartiger Test zur Erkennung der häufigsten Ursache könnte Abhilfe schaffen.

David Blum, Universitätsspital Zürich: Können tragbare medizinische Geräte schwerkranken Menschen in Palliativbehandlung helfen, ihre Pflege zu Hause besser zu bewältigen und Krankenhausaufenthalte zu reduzieren?

Elisabeth Kappos, Universitätsspital Basel: Nach einer Brustkrebsbehandlung kann sich Wasser im Gewebe ansammeln. Eine neuartige Operationstechnik zur vollständigen Heilung wird getestet.

Christoph Nissen, Inselspital Bern/Universitätsspital Genf: Verhilft ein verhaltenstherapeutisches Programm zur Selbstanwendung psychisch Erkrankten zu einem besseren Schlaf?

Isabelle Schmitt-Opitz, Universitätsspital Zürich: Lungenkrebs ist eine der häufigsten Todesursachen. Könnte eine Kombination von Medikamenten und Operation die Überlebenschance und die Lebensqualität verbessern?

Arseny Sokolov, Universitätsspital Lausanne: Lassen sich durch eine Kombination von körperlichem Training und Denkübungen in Form von Videospielen die kognitiven Fähigkeiten von Multiple-Sklerose-Patienten steigern?

Sven Streit, Berner Institut für Hausarztmedizin: Magensäureblocker werden zur Linderung von Sodbrennen und zur Behandlung von Reflux eingesetzt. Unter welchen Umständen kann die Einnahme reduziert oder sogar beendet werden?

Gilles Olivier Wandeler, Inselspital Bern: Die ältere Generation von HIV-Medikamenten kann bei der Behandlung von Begleitkrankheiten zu lebensgefährlichen Interaktionen von Medikamenten führen. Verhindert eine Kombination neuartiger Medikamente dieses Problem?

Özgür Yaldizli, Universitätsspital Basel: Personalisierte Medizin zur verbesserten Behandlung von Multipler Sklerose: Wie viele und welche Medikamente sind notwendig, um die Krankheit zu unterdrücken und gleichzeitig das Wohlbefinden der Patienten zu gewährleisten?

Evaluationsgremium mit Patientinnen und Patienten

Zum zweiten Mal wirkten vier Patientinnen und Patienten bei der Auswahl der besten Projekte mit. «Was wir vor einem Jahr ausprobiert haben, ist nun Standard», sagt Deborah Studer, Leiterin des IICT-Programms. «Auch dieses Mal hat sich gezeigt, wie sinnvoll und hilfreich der Einbezug der Patientenperspektive ist. Die vier Personen stellen sicher, dass die ausgewählten Forschungsprojekte die Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten angemessen berücksichtigen.»

Seit 2016 hat der SNF insgesamt 44 klinische Studien gefördert, und die nächste Ausschreibung ist bereits im Gang: Im Mai 2022 haben die Forschenden ihre Teilnahmeabsicht bekundet. Bis zum 1. November 2022 reichen sie die Gesuche ein.