PRIMA 2021: Brücken bilden und die Wissenschaft verändern

Am 22. März fanden die Advanced Leadership Dialogues statt. Knapp 180 Interessierte verfolgten den SNF-Anlass online und waren sich einig: Die akademische Führungskultur muss sich verändern.

​Die Gesellschaft steht aktuell vor verschiedenen grossen und dringenden Herausforderungen, wie etwa die Covid-19-Krise oder der Klimawandel deutlich veranschaulichen. Was brauchen Wissenschaft und ihre Institutionen, damit sie ihren wichtigen Beitrag zur Lösung der genannten Probleme bestmöglich leisten können? Dieser Frage ging die vom SNF organisierte Veranstaltung im Rahmen des Leadership-Programms für PRIMA-Beitragsempfängerinnen nach.

Eine neue Führungskultur ist dringend gefragt, diesbezüglich waren sich die geladenen Expertinnen und Experten einig. Um ihre zentrale Rolle in der Gestaltung des gesellschaftlichen Wandels auch in Zukunft gut zu erfüllen, müssen Hochschulen und andere wissenschaftliche Institutionen neue Formen der Zusammenarbeit und der Führung etablieren. Und der Beitrag von Wissenschaftlerinnen spielt dabei eine zentrale Rolle.

Um neue Formen der Führung und der Zusammenarbeit zu finden, müssen wir Brücken bauen und unkonventionelle Ideen aber auch Lebensläufen und Erfahrungshintergründen Raum geben, meinte etwa Helga Nowotny, die frühere Präsidentin des Europäischen Forschungsrats, in ihrem Vortrag. Dazu sollten wir insbesondere aktuelle akademische Zeitstrukturen überdenken. «Frauen haben einen anderen Zugang zu akademischer Zeit als Männer». Wissenschaftlerinnen sollten sich nicht an männlich normierte Zeitskalen, die kaum Raum bieten für Ereignisse wie Mutterschaft und Care-Arbeit, anpassen müssen. Im Gegenteil: «Frauen können mit ihrem Erfahrungswissen über andere Zeitstrukturen zu einem Wandel in der Wissenschaft beitragen». Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur allgemeinen Vervielfältigung von Zugängen und Perspektiven in der Wissenschaft.

Mit ihrer Rede stiess Helga Nowotny auf reges Interesse und provozierte spannende Fragen und Diskussionen. So wollte eine Teilnehmerin etwa wissen, wie wir verhindern können, dass Instrumente wie PRIMA negativ aufgenommen werden und Frauen nicht für ihre Leistung wertgeschätzt und statt dessen als Quotenfrauen abgewertet werden. Helga Nowotny Antwort war ermutigend: «Ihr seid sehr gut und habt eure Positionen und Erfolge verdient». Frauen in der Forschung sollen sich durch solche Diskussionen oder Kommentare nicht verunsichern lassen. Und damit das gelingen kann, müssen sie sich untereinander vernetzen, denn gemeinsam ist alles einfacher.

In der anschliessenden Paneldiskussion engagierte sich eine namhafte Gruppe von Personen mit unterschiedlichen Hintergründen. Mit von der Partie waren: Matthias Egger (Forschungsratspräsident des SNF), Anna Wahl (Mitglied der SNF Gleichstellungskommission und Professorin für Gender, Organisation and Management), Martin Hilb (Präsident Swiss Institute of Directors und emeritierter Professor für Personalmanagement) sowie Katrin Hansen (Professorin für Unternehmensentwicklung und Diversity-Management). Das angeregte Gespräch dieser Fachleute bot interessante Erkenntnisse. So war sich die Runde einig, dass bereits sehr viel Wissen darüber vorhanden sei, wie mehr Diversität in der Wissenschaft erreicht werden könnte, doch hapere es oft mit der Implementierung. Um dies zu ändern, müssten wir bereit sein, Gewissheiten und Ideale darüber, wie Wissenschaft funktioniert, in Frage zu stellen und mit viel Kreativität neue Wege beschreiten. Ausserdem schlugen Anna Wahl und Katrin Hansen einen Perspektivenwechsel vor: Themen wie Führungskultur, Diversity und Gleichstellung sollen ins Zentrum aller Diskussionen gestellt werden. Bescheidenheit sei hier fehl am Platz und wir müssten diesen Anliegen mit viel Selbstvertrauen und Selbstverständlichkeit die Bedeutung zukommen lassen, die ihnen zustehe.

Eine wichtige Rolle spielten an der Veranstaltung auch die vom SNF geförderten PRIMA-Beitragsempfängerinnen. In Kleingruppen moderierten sie Diskussionen und im Plenum stellten sie kluge und wichtige Fragen. Mit ihrem Beitrag zum Event haben sie ihren Anspruch auf eine führende Rolle an den Hochschulen deutlich gemacht. Unter keinen Umständen kann es sich die Wissenschaft leisten, diese Frauen, ihre Neugier, Leidenschaft und Leadership-Qualitäten zu verlieren. Die jährlichen Advanced Leadership Dialogues dienen auch als Plattform, um die PRIMA-Wissenschaftlerinnen einem breiten akademischen Publikum bekannt zu machen. Der SNF unterstreicht so die Wichtigkeit des Beitrags von Frauen in der Wissenschaft und zu einer neuen Führungskultur.