50 Jahre Nationale Forschungsprogramme: Wissenschaft im Dienst der Gesellschaft

Nationale Forschungsprogramme (NFP)
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1975 lancierte der Bundesrat die ersten vier NFP mit knapp 30 Millionen Franken. Seither entwickeln sie Lösungen für aktuelle Herausforderungen und pflegen den Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft.

Forschung entfaltet ihren vollen Wert, wenn sie über die akademischen Grenzen hinausgeht und damit zur Entwicklung der Gesellschaft beiträgt. Seit nunmehr 50 Jahren schlagen die Nationalen Forschungsprogramme (NFP) diese Brücke. Über 84 Programme haben in dieser Zeit dazu beigetragen, wissenschaftlich fundierte Antworten auf aktuelle Herausforderungen zu liefern – von der Digitalisierung über Gleichstellung und Klimawandel bis zur Pandemie. In regelmässigen Abständen beauftragt der Bundesrat den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) mit deren Durchführung. Sie bilden eine wichtige Grundlage für politische und gesellschaftliche Entscheidungen.

Die Nationalen Forschungsprogramme sind ein unverzichtbares Instrument, um aktuelle Themen gezielt und koordiniert aufzunehmen und nachhaltige Lösungen für die drängenden Fragen unserer Zeit zu entwickeln.

Guy Parmelin
Bundesrat

Von Herz-Kreislauf bis KI: Forschung mit Weitblick

Bereits das erste NFP brachte Anfang der 1980er-Jahre bahnbrechende Erkenntnisse: Es zeigte, dass hoher Blutdruck zentraler Risikofaktor bei Herz-Kreislauferkrankungen ist – heute eine Selbstverständlichkeit. Innovativ war auch der methodische Ansatz: Der menschliche Organismus wurde erstmals ganzheitlich betrachtet – ein Konzept, das später auch die WHO übernahm. In den 1990er-Jahren widmete sich das NFP 23 der Robotik und künstlichen Intelligenz. Die damals geförderten Forschungsinstitute IDIAP (Martigny) und IDSIA (Istituto Dalle Molle di studi sull'intelligenza artificiale, Lugano) sind auf diesem Gebiet heute international bekannt. Weitsicht bewies auch das NFP 31 zur Klimaforschung, das Grundlagen für heutige Klimaszenarien und Anpassungsstrategien schuf.

Nationale Forschungsprogramme sind ein Seismograf für Themen, die im Alltag wichtiger werden.

Martina Hirayama
Staatssekretärin für Bildung, Forschung und Innovation

Brücken zwischen Forschung, Politik und Wirtschaft

Die NFP fördern nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch deren Umsetzung. So entstand etwa dank des NFP 72 «Antimikrobielle Resistenz» ein Überwachungssystem zur Antibiotikaverschreibung, das heute im medizinischen Alltag genutzt wird. Das NFP 66 «Ressource Holz» wiederum hat zur Entwicklung von Holzhochhäusern in der Schweiz beigetragen.

Auch die Wirtschaft profitiert: Das NFP 73 «Nachhaltige Wirtschaft» lieferte wertvolle Impulse für Unternehmen wie V-Zug, etwa im Bereich der Kreislaufwirtschaft. «Die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft gibt uns wichtige Anstösse zur Verbesserung der nachhaltigen Wertschöpfungskette», sagt Marcel Niederberger, Head of Sustainability bei V-Zug.

Dialog auf Augenhöhe

Während der Corona-Pandemie wurde das NFP 78 «Covid-19» in Rekordzeit lanciert, um schnell fundierte Erkenntnisse zur Biologie und Epidemiologie des Virus zu gewinnen. Kurz darauf folgte das NFP 80 «Covid-19 in der Gesellschaft», das die gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie untersucht und ausserdem erforscht, wie sich die Schweiz zukünftig besser auf Pandemien vorbereiten kann. Ein zentrales Element dieses Programms ist das sogenannte «Pairing Scheme», das Forschende direkt mit politischen Entscheidungsträger:innen vernetzt, und so den Austausch zwischen Wissenschaft und Politik stärkt.

Darüber hinaus fördern die NFP eine vielfältige Forschungskultur. Sie binden gezielt Akteure aus der Gesellschaft ein, beispielsweise NGOs, kantonale Behörden oder die Landwirtschaft. Dieser inter- und transdisziplinäre Forschungsansatz wird heute im NFP 82 zur Förderung der Biodiversität konsequent verfolgt. Die enge Zusammenarbeit von Akteuren aus Wissenschaft und Gesellschaft erleichtert die praxisnahe Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Die Nationalen Forschungsprogramme sind ein integraler Bestandteil der Schweizer Forschungs- und Innovationslandschaft. Sie ermöglichen es, wissenschaftliche Erkenntnisse in konkrete Lösungen umzusetzen.

Torsten Schwede
Präsident des Forschungsrats

Forschung ist in einer Wissensgesellschaft wie der Schweiz ein wichtiger wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Faktor. Und ihre Bedeutung wächst weiter. Ein Blick auf die anstehenden Herausforderungen zeigt, dass es an relevanten Themen auch in Zukunft nicht mangeln wird. Die NFP werden daher auch in den kommenden Jahrzehnten eine wichtige Rolle spielen. Sie liefern fundiertes Wissen als Grundlage für evidenzbasierte Entscheide zum Nutzen von Politik Gesellschaft und Wirtschaft.